Informationen rund um die HEIMAT-Trilogie von Edgar Reitz

Die Inhalte

Die folgenden Synopsen der 6 Folgen von HEIMAT 3 sind der Website von Edgar Reitz entnommen und an einigen Stellen von mir ergänzt oder sprachlich verändert worden. Sie wurden in dieser Form in dem Handbuch Edgar Reitz: Die große Werkschau (Marburg 2018) veröffentlicht.

1. DAS GLÜCKLICHSTE VOLK DER WELT (1989) 

Am Abend des historischen 9. November 1989 begegnen sich Hermann Simon und Clarissa Lichtblau nach langen Jahren wieder. In einer Berliner Hotelhalle fallen sich die Liebenden von einst in die Arme, während man ringsum euphorisch den Fall der Mauer feiert.

Hermann ist ein renommierter Dirigent und Clarissa eine gefeierte Sängerin geworden, doch sie haben immer nur aus Koffern gelebt und ein bewegtes, aber letztlich einsames Dasein geführt. Sie lieben sich in einem Hotelzimmer, während im Fernseher die Jubelszenen der Menschen aus Ost und West laufen. Als sie sich nach ihren Leben befragen, erzählt Clarissa von einem Ort ihrer Sehnsucht, einem Haus, in dem sie mit ihm, den sie nie vergessen konnte, gern hätte leben wollen. Hermann ist wie elektrisiert und bricht noch in derselben Nacht mit ihr auf.

Unterwegs durch die DDR, dann in Westdeutschland, wechseln sie sich am Steuer ab, Hermann schläft auf dem Beifahrersitz ein. Als er erwacht, findet er sich in seiner Heimat wieder. Clarissas Traumhaus steht in einem Weinberg am Rhein, direkt gegenüber der Loreley. Hermann, der hier jeden Fleck kennt, ist beglückt und alarmiert zugleich. Ganz in der Nähe liegt Schabbach, das Dorf seiner Kindheit, das er als junger Mann voller Schmerz und Wut verlassen hatte, um in der Großstadt München ein freies Leben zu finden und seine künstlerischen Träume zu verwirklichen. Er hatte nie mehr zurückkehren wollen. Doch Clarissas Wunschziel und die Vorstellung, mit ihr hier ein neues Leben zu beginnen, betören ihn. Das alte, wunderschön gelegene Fachwerkhaus, das sie kurz entschlossen kaufen, ist allerdings eine Ruine. Es muss aufwendig renoviert werden.

Während Hermann, trotz der alten Berührungsangst, sein Dorf und seine Brüder Ernst und Anton aufsucht, fährt Clarissa nach Leipzig. Ihr Konzert im Gewandhaus fällt zwar wegen einer der damaligen Montagsdemonstrationen aus, aber sie lernt dort Gunnar und Udo, zwei Bauhandwerker, kennen. Die jungen Männer sind gleich bereit, für West-Mark die Ruine am schönen Rhein wieder instandzusetzen. Und zwei weitere Sachsen werden engagiert: Tobi, ein Kirchenrestaurator, und Tillmann, ein Elektriker.

Das Glück des Neubeginns im Jahr 1989 ist umfassend. Das „Günderrode-Haus“ – benannt nach einer romantischen Dichterin, die angeblich darin gewohnt hatte – wird zum Schauplatz neuer Bekanntschaften und Wiederbegegnungen. Die jungen Sachsen erweisen sich als hervorragende Handwerker. Hermann und Clarissa befreunden sich mit ihnen, und man beschließt, das erste gesamtdeutsche Weihnachten gemeinsam in München zu feiern, wo Hermann noch seine alte Wohnung hat. 

Clarissa kann jedoch nicht dabei sein. Allzu bald ist sie aus der Zweisamkeit mit dem Geliebten herausgerissen worden: Ihr 18jähriger Sohn Arnold, bei ihrer Mutter in Hamburg lebend, hat als „Hacker“ ein Ding gedreht und muss vor Gericht. Sie fährt zur Verhandlung, die zwar glimpflich verläuft, aber die Mutter nimmt Clarissa ins Gebet wegen ihrer Liebe zu Hermann und dem „unsinnigen“ Hausbau am Rhein. So gefährde sie ihre Karriere. Aus Schuldgefühlen verspricht sie der Mutter, Weihnachten bei ihr und Arnold zu verbringen. Ohnehin sind Clarissa und Hermann durch jeweilige Engagements immer wieder getrennt worden und haben sich sehnsuchtsvolle Briefe von unterwegs geschrieben, während die Bauarbeiten am Günderrode-Haus voranschritten. Weihnachten wird also ohne Clarissa in München gefeiert, in dieser für die Gäste aus dem Osten märchenhaften Stadt. Als Hermann von einem Ausflug zur Zugspitze, den Gunnar und Udo mit ihren Frauen und Kindern begeistert erlebten, zurückkehrt, steht Clarissa unerwartet vor seiner Wohnungstür. Glücklich schließt er sie in die Arme.

Gunnar hat an diesem Tag jedoch ein schwerer Schlag ereilt. Seine Frau Petra, die sich in Hermanns Assistenten Reinhold verliebt hat, verlässt ihn abrupt. Überstürzt und tief gekränkt fährt Gunnar zur Baustelle am Rhein zurück und erlebt einsam das Silvester des Jahres der Wiedervereinigung.

2. Film –  DIE WELTMEISTER (1990)

8. Juni 1990. Es ist so weit: Das fertig restaurierte „Günderrode-Haus“ ist zu einem wahren Schmückstück geworden. Seine Schönheit leuchtet auch Hermanns Bruder Ernst entgegen, der in seiner Cessna den Rhein überfliegt und in gewagtem Tiefflug über das Haus beinahe Gunnar vom Dach fegt. Der will dort eine Satellitenschüssel installieren – ein wichtiger Akt, denn heute soll nicht nur das Einweihungsfest stattfinden, es ist auch der Tag des Eröffnungsspiels der Fußball-WM, das alle am Fernseher miterleben wollen.

Zu Gast sind Hermanns ältester Bruder Anton mit seinem großen Familienanhang, die sächsischen Bauleute Gunnar und Udo mit Frau und Söhnen, Tillmann mit Moni, seiner neuen Liebe, und Freunde aus dem Dorf. Auch unerwarteter Besuch erscheint: Petra mit ihren zwei Kindern und Reinhold. Aus Ferien in der Bretagne zurückkehrend macht die neue und provokant glückliche Familie am Günderrode-Haus Station. Gunnar, der verlassene Ehemann, ringt um Fassung, flüchtet sich in Alkohol und an den Fernseher. In seinem T-Shirt mit der Aufschrift „Brehme“, seines Nachnamens, der auch der Name des deutschen Fußballstars ist, wirkt er eher lächerlich. Gunnar ist der Verlierer unter all den glücklichen Liebespaaren des Abends. Da ist ihm auch die Zutraulichkeit seiner kleinen Töchter kein Trost.

Nach einem Einweihungsständchen für Hermann und Clarissa und einer Führung der Gäste durchs neue Haus versammeln sich alle am Fernseher. Der private Missklang scheint gebannt, doch spät in der Nacht kommt es zum heftigen Streit zwischen Gunnar und Petra. Sie will die Scheidung und die Kinder. In seinem gelben VW Käfer braust Gunnar in Richtung Berlin davon, und die Party ist schlagartig zu Ende.

Am frühen Morgen, als man im Günderrode-Haus noch schläft, startet Ernst mit seiner Cessna gen Osten. Er wird von Tobi begleitet, mit dem er sich angefreundet und den er wegen seiner Russischkenntnisse als Konservator engagiert hat. Obwohl Ernst gerade von einem Beutezug ins Baltikum zurückgekehrt ist, wo er für ein paar Dollars verschollene Meisterwerke des Expressionismus ergattern konnte, zieht ihn die Sammler-Manie schon auf die nächste Abenteuerreise, diesmal zu den wohlfeilen Kunstschätzen in den Archiven der zerfallenden Sowjetunion. Unweit von Berlin machen sie wegen Spritmangels Station in Marxwalde, einem in Auflösung begriffenen Stützpunkt der DDR-Luftwaffe. Tobi, der Nonkonformist und „Späthippie“ unter den jungen Sachsen, will eine alte Rechnung begleichen: Als Wehrdienstverweigerer war er hier vor einer Lenin-Statue zusammengeschlagen worden. Es gelingt ihm, seinen damaligen Peiniger, einen NVA-Hauptmann, zur Rede zu stellen. Was Tobi nicht bedenkt: Die alten Seilschaften der Militärs funktionieren noch. So kommt es, dass die russische Luftabwehr über Ernsts Flugpläne informiert wird. Ernst schlägt die Warnungen Tobis in den Wind und fliegt nach Russland weiter. Tobi bleibt besorgt zurück. Mit einem Militär-LKW und der Leninfigur, die er als Erinnerungsstück an sich genommen hat, fährt er in seine Heimatstadt Dresden zurück. Er will dort seine Bürgerrechtler-Kommune beim Aufbruch in die neue Zeit unterstützen.

Gunnar macht in Berlin eine Traumkarriere. Als „Mauerspecht“ ist er von Managern des Warner-Bros.-Konzerns beauftragt worden, eine Million Steinchen als berlintypisches Weihnachtsgeschenk für deren Kunden zu liefern. Gunnar sieht sich als Jungunternehmer. Mit seinem vielen Geld glaubt er, Petra zurückerobern zu können, die aber zieht mit den Kindern für immer zu Reinhold nach München.

Hermann und Clarissa planen ein Ausjahr, um endlich in ihrem Haus beisammen sein zu können. Eine Ziege ist ihnen zugelaufen, ein launisches Tier, das sie in Atem hält. Auch das Landleben will gelernt sein. 

Das Finale der Fußball-WM vereint alle Deutschen im Siegesrausch. Mauerspecht Gunnar in seinem Brehme-Trikot wird in Berlin von johlenden Fans in die Luft gestemmt – sein Namensvetter hat im Finale den entscheidenden Elfmeter verwandelt. Tobi, der sich nichts aus Fußball macht, fährt mit der Lenin-Statue in den Hunsrück. Er will das ausrangierte Denkmal bei Ernst aufbewahren. Als er erfährt, dass der Freund auch nach drei Wochen nicht aus Russland zurückgekehrt ist, bangt er um sein Leben.

3. Film –  DIE RUSSEN KOMMEN (1992 –1993)

September 1992: Im Hunsrück werden die Karten der Weltgeschichte noch einmal neu gemischt. Die amerikanischen Truppen haben begonnen, ihre Stellungen zu räumen und den Militärflughafen Hahn aufzugeben. Nachts dröhnen die gewaltigen „Galaxy“-Flugzeuge über das Land, die Atomsprengköpfe, Cruise Missiles und Geheimwaffen abtransportieren. Auf den Feldern hinter der Startbahn halten die Mitglieder der Friedensbewegung um Pfarrer Dahl bei Kerzenlicht Dankgottesdienste. 

Zur selben Zeit kehrt Ernst Simon überraschend aus Russland zurück. Zwei Jahre lang war er, trotz diplomatischer Vorstöße und Appellen in den Medien, in sowjetischen Gefängnissen verschollen. Am Frankfurter Flughafen, wo die Maschine aus Moskau landet, erwarten ihn die Journalisten. Zu aller Erstaunen kommt Ernst mit einem Neugeborenen im Arm an und im Gefolge von Russlanddeutschen, Heimkehrern aus Kasachstan und anderen ehemaligen Sowjetrepubliken. Galina, die Mutter des Babys, eine blutjunge, hübsche Frau, ist Russin. Da sie in eine „deutsche“ Familie eingeheiratet hatte, konnte auch sie in den „goldenen Westen“ mitkommen. In einem Bus begleitet Ernst die Aussiedlerfamilien in ihre neue Heimat im Hunsrück und beherbergt Galinas Clan in seinem Haus am Schabbacher Goldbach.

Mit ihrem fremdländischen Charme und ihrer natürlichen Offenheit gewinnt Galina bald alle Sympathien für sich und versorgt ihre vielköpfige Familie mit den Zuwendungen der Einheimischen, die sich sonst nur schwer an die neuen Mitbürger gewöhnen können. Fast 50 Jahre lang haben die Hunsrücker mit den großzügigen Amerikanern und ihrer mächtigen Militärpräsenz gelebt. Jetzt beziehen russisch sprechende, hilfsbedürftige Menschen deren Quartiere, und noch vor kurzem waren die Sowjetrepubliken, wo sie gelebt hatten, das Ziel der Atomraketen der Nato gewesen. Das ist ein Aspekt der Wende, der von den alten Hunsrückern als „Witz der Weltgeschichte“ empfunden wird.

Hermann und Clarissa, die ihre berufliche Auszeit genießen wollen, werden ebenfalls von den neuen Ereignissen berührt. Die ersehnte Ruhe tritt nicht ein. Die Bürgerbewegungen, in denen sie sich engagiert hatten, verlieren ihre Ziele. Nicht Kalter Krieg und Rüstung sind nunmehr das Problem, sondern Arbeitslosigkeit und die Integration Tausender von „Russen“ im Hunsrück. Das idyllische Günderrode-Haus liegt im Zentrum von Umbrüchen, und das Paar beginnt sich zu fragen, warum es nicht einfach nur glücklich sein darf. Nicht nur der Lärm der Galaxies dröhnt nachts übers Haus, Clarissa wird neuerdings von Tönen im Kopf gequält. Der Tinnitus alarmiert die Gesangskünstlerin. Die Töne kehren auch wieder, als Hermanns Tochter Lulu – aus seiner Ehe mit Schnüsschen – unerwartet mit zwei Freunden erscheint. Lulu kleidet ihre Aggressionen gegen den Vater und sein neues Glück in kränkende Ironien. Ihr sonst so willkommener Besuch bedrückt das Paar. Lulu ahnt das Ausmaß nicht, sie genießt es, von ihren beiden Studienfreunden geliebt zu werden. Auf einem Fest am Rhein entscheidet sie sich unversehens für Lutz, der mit ihr einen Bungee-Sprung wagt. Roland, der andere, wird zum traurigen Zeugen dieses „Höhenflugs“.

Das verlassene Gelände der Hahn-Airbase wird zur Herausforderung für jung und alt: Hartmut Simon, der sich von seinem Vater Anton, dem Patriarchen und Gründer der „Optischen Werke Simon“, emanzipieren will, zieht in einer der leerstehenden Hallen ein Konkurrenzunternehmen auf. Während Mara, Hartmuts Frau, sich ihrer Pferdeleidenschaft und dem Dressurreiten hingibt, die Deutschrussen Schabbacher Wohnungen beziehen und Galina im Haushalt der Simons Arbeit findet, hat bei allen ein Streben nach Profit begonnen. Hermann, der sich nie für Geldgeschäfte interessiert hatte, reist nach Leipzig, um mit Hilfe von Udo steuersparend in Sanierungsprojekte der Stadt zu investieren, und Hartmut macht Millionengeschäfte mit Böckle, dem als Investor getarnten „Firmenvernichter“ eines internationalen Handelskonzerns.

Bei all dem Profitstreben gibt es dennoch Gefühle. Hartmut hat sich heimlich in die schöne Galina verliebt, was gerade jetzt prekär ist, da seine Frau Mara schwanger ist. Ohne seine Zuwendung bringt sie das Kind zur Welt. Da schlägt für Schwiegervater Anton die große Stunde. Bei der Tauffeier erklärt er unter notarieller Aufsicht den neugeborenen Enkel zum Alleinerben seines Privatvermögens und übergeht damit brüsk nicht nur Hartmut, seinen Sohn und Junior, sondern auch dessen Geschwister. Das Familiendrama weitet sich aus. Noch am selben Abend gibt sich der verstörte Hartmut seiner Liebe zu Galina hin. Als er sie spät ins Dorf zurückfährt, wird sie von ihrem Mann Juri und der Familie für immer verstoßen. Hartmut holt Galina zu sich in den Porsche zurück und fährt mit ihr ziellos in die Nacht hinaus.

Zur gleichen Zeit feiert Lulu mit den zwei Freunden ihr bestandenes Architektur-Examen. Mit Lutz, von dem sie ein Kind erwartet, und mit Roland, dem unglücklichen Dritten, verbringt sie den Abend in einem Hunsrücker Restaurant. Sie wollen im Günderrode-Haus übernachten. Etwas betrunken wählen sie vorsichtshalber ein Taxi, doch auf der Fahrt kommt es zum Unfall mit Hartmuts Porsche. Das Taxi prallt gegen einen Baum. Lulu und Roland kommen mit dem Schrecken davon, aber Lutz auf dem Beifahrersitz ist schwer verletzt. Hartmut, der Schuldige, fährt ihn hektisch ins Krankenhaus, dort kommt aber alle Hilfe zu spät.

Zitternd und sprachlos erscheint Lulu mit Roland am Günderrode-Haus, während Hartmut und Galina im Schock eine nächtliche Straße entlangirren.

4. Film – ALLEN GEHT’S GUT (1995)

Herbst 1995. Das Glück der Zweisamkeit lässt sich nicht erzwingen. Clarissa hat die Tinnitus-Töne in ihrem Ohr als Alarmzeichen verstanden. Sie weiß, dass das Singen und die Bühne weiterhin ihre Bestimmung sind, und hat neue Engagements angenommen.

Als Hermann sie nach wochenlangen Konzertreisen am Mainzer Bahnhof abholt, wird seine Hoffnung auf eine Fortsetzung des gemeinsamen Idylls jäh zerstört. Clarissa kann nur wenige Stunden bleiben, denn schon wartet eine neue Tournee auf sie. Hermann, der einst so leidenschaftliche Musiker, müsste sie verstehen, aber blinde Eifersucht hindert ihn. Er sieht seine Liebste, die ihm allzu euphorisch erscheint und am Telefon mit ihrem Gesangspartner flirtet, schon in dessen Armen liegen. Er macht ihr eine heftige Szene und verkennt dabei ihren Stolz. Clarissa liebt Hermann, aber angesichts seiner Vorhaltungen verschließt sie sich gänzlich.

Der Streit wird durch Hartmut unterbrochen, der gekommen ist, um den beiden Galina vorzustellen und ihr zu einem völlig absurden Gesangsstudium zu verhelfen. Hermann läuft kopflos aus dem Haus. Bergabrennend kommt er im Städtchen Oberwesel an, steigt in den nächstbesten Bus und betäubt sich mit Frustkäufen in einem Großmarkt. Bei seiner Rückkehr ist Clarissa abgereist. In seiner Wut hatte er seinen Schlüssel vergessen und tritt auf der Suche nach in einem zerfallenen Schuppen beim Haus deponierten Zweitschlüssel in die Marderfalle, die Gunnar vor Jahren dort aufgestellt hatte. Hermanns Fuß wird schwer verletzt. Wochenlang verbringt er in einer Klinik und kehrt dann humpelnd und voller Melancholie ins Günderrode-Haus zurück. Das neue Lebenskonzept, das er hier mit Clarissa zur Zeit der Wende entworfen hatte, scheint zunichte. In seiner Verzweiflung findet er allerdings zum Komponieren zurück. Bereits in der Klinik hatte er begonnen, eine Wiedervereinigung-Symphonie zu schreiben und Gedichte der Caroline von Günderrode zu vertonen. Als Tillmann ihn eines Morgens vorfindet hat er in einem einzigen Schaffensrausch sein Werk vollendet. 

Hermann will sich vergewissern, ob der Riss, den er in sich spürt, durch die ganze Welt geht. Ahnungsvoll sucht er sein Heimatdorf auf. Dort ist alles froher Stimmung. Sein 75jähriger Bruder Anton schwelgt in Erfolgen. Nachdem er einen Landes-Verdienstorden erhalten und seinen Sohn Hartmut wegen dessen Affäre mit Galina nachhaltig terrorisiert hat, betätigt er sich jetzt als Mäzen des FC Schabbach, der dank seiner finanziellen Unterstützung den Aufstieg in die Landesliga schafft. Allen scheint es gut zu gehen, und selbst als nachts ein Erdbeben die Region erschüttert wirkt die Welt friedlich.

Hermann zweifelt an sich und seinen Katastrophenahnungen. Am nächsten Morgen jedoch erfährt er am Telefon von Antons Tod nach einem Herzanfall. Seine Versuche, mit Clarissa wenigstens diesen Schmerz noch zu teilen, scheitern. Sie ist nicht erreichbar. Auch im Kreis der trauernden Familie findet Hermann keinen Halt. An der Bahre des Toten entsteht ein absurder Streit über die Form der Bestattung. Sentimentale Argumente für eine traditionelle Erdbestattung werden vorgebracht, Mara votiert mit der Fraktion der modernen Anton-Nachkommen für eine Feuerbestattung 

Hermann flieht, begibt sich auf eine ziellose Reise. An der Hunsrücker Autobahn-Raststätte begegnet er seinem Bruder Ernst. Sie verbringen eine Nacht, um sich auszusprechen. Antons Tod hat die Besinnung auf ihre eigene Lage geweckt. Es ist das nahende Alter, das beide verstört, die Frage nach einem geistigen Überleben und den gescheiterten Träumen: „Alles woran wir geglaubt haben … hat uns traurig gemacht.“

Hermann fährt weiter. Er macht in Köln Station, um Lulu und seinen Enkel Lukas zu besuchen. Das Treffen endet im alten Streit. Deprimiert lässt sich Hermann mit einer Prostituierten ein. Dann fährt er, einer telefonischen Einladung Clarissas folgend, zu ihrer Premiere nach Berlin. Dort wartet die nächste Enttäuschung auf ihn. Er hat seine „Günderrode-Lieder“ bei sich, die er Clarissa gewidmet hat und ihr übergeben will. Doch bei ihrem Wiedersehen in einem Lokal, wo sie mit dem Team den Erfolg des Konzerts feiert, fühlt er sich als Fremder. Erst sein Rivale, dann Hermann selbst, verlassen fluchtartig die Feier. Clarissa bleibt traurig zurück.

Anton Simons Einäscherung und die Urnenbestattung überfordern alle in Schabbach. Eine Tradition ist im Dorf gebrochen worden, und das geht so weit, dass nicht einmal die Belegschaft seiner Firma zum Begräbnis geladen ist, geschweige denn der FC-Schabbach und die Honoratioren der Kreisstadt und des Landes. „In aller Stille“ der Verlegenheit und des Traditionsverlusts wird die Urne stillos beigesetzt. Da packt Ernst, der von Kindheit an der Gegenspieler seines Bruders Anton war, der Zorn. Spontan ergreift er voller Wut das Wort: „Anton, zu deinen Lebzeiten, da wäre ein so erbärmlicher Affenzirkus nicht vorgekommen.“, und zählt alle auf, die am Grab fehlen. „Du weißt, die Chemie zwischen uns hat nie gestimmt. Aber jetzt, wo sie dich verbrannt und in die Luft geblasen haben, da stimmt sie auf einmal.“

Bei seiner Rückkehr ins Günderrode-Haus findet Hermann eine weinende Clarissa vor. Sie ist an Krebs erkrankt, musste ihre Tournee abbrechen. Er nimmt sie besorgt in die Arme.    

5. Film – DIE ERBEN (1997)

Sieben Jahre sind seit der Wende vergangen, genug Zeit, um die neuen Lebensentwürfe und Hoffnungen von 1989 annähernd verwirklicht zu haben. Jeder – sei es der kinderlose Ernst, der schon auf die Siebzig zugeht, sei es der 14jährige Junge Matko – hat versucht, dem Leben ein Stück persönlichen Glücks abzujagen. Matko ist der Sohn einer Jugoslawin, die ihn vor Jahren bei einer Freundin in Schabbach zurückgelassen hatte, um ihn vor dem Krieg in der Heimat zu bewahren. Matko sehnt sich nach der Mutter und fühlt sich von ihr verlassen.

Beim Kauf einer neuen Cessna hat Ernst den Jungen auf dem Gelände des Flughafens Hahn kennengelernt. Seither kümmert er sich um den kleinen Streuner mit Mofa und amerikanischer Fliegerjacke als wäre es sein eigener Sohn, obwohl Ernst derzeit selbst mit einem ehrgeizigen Projekt befasst ist. Mit dem Bau eines Museums am Goldbach und einer neugegründeten Stiftung, in die er seine imponierende Expressionismus-Sammlung einbringen will, möchte er sich unsterblich machen. Die Baupläne sind bereits erstellt, auch steht die Finanzierung schon. Ernst weiß aber, dass er dennoch ein einsamer Mann bleiben wird, ohne eigene Familie, ohne Geborgenheit und Liebe. Dieses Vakuum in seiner Seele könnte Matko ausfüllen, wenn Ernst nicht so unschlüssig wäre. Er schiebt die Entscheidung, den Jungen zu sich zu nehmen und zu seinem Nachfolger auszubilden, vor sich her.

Hermann und Clarissa haben wieder zueinander gefunden, aber der Preis für ihre neue Zweisamkeit ist hoch: Clarissas Krebserkrankung ist zu einer leidvollen Odyssee durch Operationssäle, Kliniken und riskante Therapien geworden. Täglich besucht Hermann die Kranke und umsorgt sie hingebungsvoll. Seine Tochter Lulu und Lukas, sein Enkel, wohnen derzeit bei ihm im Günderrode-Haus. Als Assistentin des mit Ernsts Museumsbau beauftragten Architekten Delveau hat Lulu die attraktive Aufgabe der Bauleitung übernommen. Mit großem Engagement treibt sie die Bauplanung voran – allerdings gegen den Widerstand der Schabbacher Bürger. Im Dorf hat sich vieles verändert, und es scheint, dass der einstige Gemeinsinn einem individualistischen Profitdenken gewichen ist. Es gibt hier nun auch die reichen „Neuschabbacher“ mit ihren Wochenend-Villen, und sie nehmen wachsenden Einfluss auf die örtliche Politik. Sie wollen ländliche Ruhe, Naturidylle und keine Besucherströme zu einem Museum beim Dorf. Darum haben sie eine Kampagne gegen Ernst mobilisiert, ja sogar gegen den gesamten „Simon-Clan“, den sie als Schabbachs Unglück verrufen. In einem Punkt haben die Neuschabbacher recht, und deshalb schließen sich ihnen die Einheimischen an: Die „Optischen Werke Simon“ sind nach Antons Tod und unter seinem Nachfolger Hartmut in eine Dauerkrise geraten und haben den Dorfbewohnern Arbeitslosigkeit und den Verlust ganzer Lebenskonzepte beschert. Hartmut ist in die Fänge eines internationalen Konzerns geraten, dessen einziges Interesse es ist, ihn als Konkurrenten vom Markt zu verdrängen.

Beim Kampf um die Verwirklichung seiner Museumsidee argumentiert Ernst auch damit, Schabbach aus der Finanzmisere retten zu können. Aber als einem „Simon“ misstraut man ihm jetzt. In seiner wachsenden Einsamkeit kommt ihm die Idee, einen Frankfurter Detektiv, Herrn Meise, mit der Suche nach einem Erben zu beauftragen. Ernst hofft, in seinem unsteten Fliegerleben irgendwo ein Kind gezeugt zu haben, dem er sein Vermögen und all seine unerfüllten Hoffnungen vererben könnte. Als der Gemeinderat ihm die Baugenehmigung verweigert, steigt Ernst in sein Flugzeug und verunglückt tödlich an der Loreley.

Sein Tod macht die Probleme nur noch größer. Die Hinterbliebenen, Ernsts Neffen und Nichten, gieren nach seinem Vermögen. Man trifft sich bei Hermann im Günderrode-Haus, wo es zu hässlichen Konfrontationen kommt. Hermann und Lulu setzen sich dafür ein, das Museums-Projekt zu verwirklichen und die Kunstsammlung zu erhalten; die anderen fordern deren Verkauf. Natürlich will auch Hartmut Geld sehen, um seine Firma vor der Pleite zu retten. Da funkt Meise, der Frankfurter Erbenermittler, mit der Idee dazwischen, dass Matko, den Ernst so gemocht hatte, dessen Sohn sei. Entrüstet nehmen Antons Kinder den Kampf gegen den armen Jungen auf. Als angeblicher Millionenerbe wird er zur Zielscheibe von Neid und Missgunst – auch seiner Mitschüler und der Leute im Dorf.

Hermann nimmt den Jungen bei sich auf, um ihn zu schützen. Doch Meise hat Matkos Mutter aus Bosnien herbeigeholt. Sie und ihr Sohn werden zum Bluttest in eine Mainzer Klinik geschleppt. Eine DNS-Analyse soll die Frage der Abstammung klären. Matko flieht, nicht zuletzt auch vor der vom Krieg entstellten Mutter, die er nicht mehr als solche erkennt. Er klettert auf die Loreley, zum Ort, wo Ernst, sein einziger Freund, den Tod fand. Als seine Verfolger und die ihm fremde Mutter ihn dort aufspüren, stürzt er sich in die Tiefe. Die Tragödie ereignet sich in dem Augenblick, als Hermann die genesende Clarissa ins Günderrode-Haus heimbringt. Von hier aus ist der Anblick der Loreley vertraut und freundlich. Der neuen Hoffnung auf ein wenig Lebensglück für das Paar scheint nichts mehr im Wege zu stehen.

Die DNS-Analyse hat ergeben, dass Matko nicht Ernst Simons Sohn gewesen ist.

6. Film – ABSCHIED VON SCHABBACH (1999 – 2000)

Am 9. August 1999, dem Tag der Sonnenfinsternis, ist Gunnar Brehme nach München gereist. Der Grund für sein Kommen ist nicht das große Naturereignis, in dessen Erwartung sich Menschenmassen mit „Sofi“-Brillen durch die Innenstadt drängen. Gunnar muss heute eine Gefängnisstrafe wegen Trunkenheit am Steuer antreten, die er einem „Wiesn“-Besuch im letzten Jahr verdankt. In der Menge trifft er auf Tillmann und Moni, die mit einem Bus voller Schabbacher Laienspieler in der Stadt Station machen. Auch Hermann und Clarissa sind an diesem Tag nach München gekommen, um am Abend mit den „Günderrode-Liedern“ eine gemeinsame Tournee zu starten.

Das Schauspiel am Himmel ergreift selbst Gunnar in seinen bangen Gedanken. Fasziniert und brillenlos hat er aber zu lang in die Sonnenkorona geblickt und seine Augen geblendet. Immerhin kann die Verletzung als Grund für einen Tag Haftaufschub dienen, und er beschließt, seine Exfrau Petra mit Reinhold und vor allem seine beiden Töchter zu besuchen, die inzwischen Teenager sind. Er trifft die Familie als das Paar gerade aufbricht, um das Konzert von Hermann und Clarissa zu besuchen. So verbringt Gunnar den Abend allein mit den Töchtern und erlebt, dass Nadine, die ältere, ihn als ihren „richtigen“ Vater nicht vergessen hat. Sie erinnert sich auch an den „Entertainer“, den er auf dem Klavier spielt. Sie kocht für ihn und versorgt ihn mit reichlich Wein.

Als Petra und Reinhold nach dem Konzert mit den beiden Künstlern zu einem Restaurant gehen wollen, kreuzt der Hunsrücker Reisebus ihren Weg. Hermann erfährt, dass Rudi Molz, der Gastwirt von Schabbach, gestorben ist. Oft hatte er mit Clarissa über das treue, fast archaische Paar Rudi und Lenchen gesprochen. Nun hat der Tod die beiden, die eine Art Leitstern der dauerhaften Liebe waren, getrennt. Nach Clarissas Krankheit, die überwunden scheint, erinnert der Todesfall schockartig an die stete Bedrohung von Liebe und Leben. Aber ehe Hermann und Clarissa zur Beerdigung in den Hunsrück aufbrechen, taucht Clarissas Mutter auf. In Panik ist sie aus ihrem Altersheim in Wasserburg geflohen, hält es unter „lauter sterbenden Leuten“ nicht mehr aus. Clarissa versteht ihre Angst und fährt mit ihr zum Heim zurück, um sie zum Bleiben zu bestärken. Hermann begibt sich allein auf die Fahrt in den Hunsrück.

Gunnar hat den Knast beherzt und mit einem kühnen Plan betreten. Von seiner Zelle aus will er ein Wiedersehensfest organisieren, das zur Jahrtausendwende an dem Ort stattfindet, der für ihn und die Freunde zum Wendepunkt des Lebens geworden ist: das Günderrode-Haus am Rhein. Er hat an der Börse spekuliert und kann für ein rauschendes Fest zu Neujahr einiges springen lassen. Voraussetzung ist, dass die bayrische Justiz sein gutes Betragen als Häftling würdigt und ihn vorzeitig zum Jahresende entlässt. Gunnar ist sich dessen sicher.

Hermanns Fahrt endet zunächst in einer Wiese bei Schabbach, wo er Rast macht und in der schwülen Mittagshitze einschläft. Im Traum erlebt er seine Rückkehr ins Dorf: Rudi, der Gestorbene, begegnet ihm im dort und weissagt eine Zukunft, die der Träumende nicht versteht. Als Hermann erwacht und zur Beerdigung aufbrechen will, fällt er in einen neuen Traum, in dem er wiederum Rudi aber auch anderen Toten begegnet – nicht nur, wie einst, dem Sarg der Mutter im prasselnden Regen auf der Dorfstraße, sondern auch Anton, Ernst, Matko und Lutz, dem Vater seines Enkels.

Hermann kommt fast zu spät zu Rudis Begräbnis. Er erlebt einen schmerzlichen und auch beglückenden Kontrast zur Beerdigung seiner Brüder. Alle vom Dorf sind erschienen, keiner fehlt, auch Menschen, die den Toten kaum gekannt haben, geben ihm die letzte Ehre. Der Pfarrer erinnert an die fraglose Liebe, die Rudi von Kindheit an für sein Lenchen empfunden hat. Ergriffen geht Hermann durch den Friedhof, besucht die Gräber seiner Verwandten. Doch die Heimaterde gibt keine Ruhe. Mit einem plötzlichen Erdstoß verschlingt sie Ernsts Gemäldesammlung, seinen im alten Schieferbergwerk unter dem Dorf gehorteten Schatz. Die reumütige Gemeinde hatte das Museumsprojekt unter Lulus Leitung doch noch genehmigt. Durch die Bauarbeiten sind aber tragende Wände im ehemaligen Stollen eingebrochen, ein unterirdischer See entlässt ungeheure Wassermassen aus der Höhle und überflutet das Gelände am Goldbach. Nur mit Not kann Lulu ihr Söhnchen Lukas und sein Kindermädchen aus den Wassermassen retten. Die Katastrophe hat zudem bewirkt, dass in der Ortsmitte Schabbachs Erdrisse klaffen. Um sie zu schließen, füllen die Dorfbewohner in einem panischen Schildbürgerstreich Unmengen von Beton in die Löcher, der sich unaufhaltsam in die Höhle ergießt. Ernsts Gemälde-Safes werden unter dem schnell aushärtenden Beton begraben. Lulu, die todesmutig in den Stollen eingedrungen ist, kann nur noch feststellen, dass sein „Nibelungenhort“ für immer verloren ist. Auch ihre berufliche Aufgabe ist damit zunichte. Deprimiert kehrt sie mit ihrem Kind nach Köln zurück.

Erfolgreich ist aber Gunnar. Vom Knast aus hat er die Silvesterfeier im Günderrode-Haus bravourös organisiert. Dank ihm wird der Silvesterabend am Rhein zu einem Wiedersehen aller. Nur er selbst kann nicht dabei sein. Die bayrische Justiz hatte kein Erbarmen und lässt ihn die Jahrtausendwende in der Zelle verbringen. Doch wird Gunnar getröstet – durch einen musikalischen Gruß von Nadine, deren Liebe zu ihrem Vater Bestand hat.

Lulu hat Silvester in Frankfurt mit Roland, dem Freund von damals, verbracht, und ihr Söhnchen im Günderrode-Haus bei Hermann gelassen. Roland ist aidskrank und geht auf den Tod zu. Als Lulu am Neujahrsmorgen zurückkehrt, empfängt sie das Klavierspiel von Lukas. Der musikbegeisterte Kleine hat abseits der fröhlichen SS Silvesterrunde eine ganze Mozart-Sonatine einstudiert. Lulu weint vor Rührung, vor Trauer und vor Ratlosigkeit.