Informationen rund um die HEIMAT-Trilogie von Edgar Reitz

Berichte von Beteiligten

Die Heimatdichterin Liesel Franz aus Raversbeuren hat zur Premiere von HEIMAT 3 ein Gedicht verfasst

Ein kleiner Tipp noch zum Verstehen des Hunsrücker Platt: In Zweifelsfällen hilft es, sich selbst das geschriebene Wort laut vorzulesen, ggf. mit unterschiedlichen Betonungen.


Heimat 3 -Premiere 25./26. Sept. 2004

Mit Spannung hon mir ihn erwart,
de Film - die Heimat 3,
am Wocheend war engelad,
Premiere- mirdebei.

Ob Siemere, ob Mainz am Rhein,
Interesse war recht groß,
ger nahm merr do in Aueschein
wat merr noch nit gewußt.

De Mauerfall, dat Frei-mol-senn,
die Wiedersehensfreid.
For ehemols verliebte Leit
begann en nau, froh Zeit.

Gefonn hon se of Hunsrickheeh
en ganz verfalle Haus,
dat bauten se mit Ossis Hilf
zu enem Schmuckstick aus.

De weite Blick zum schiene Rhein
reizvoll zu alle Zeire,
bei Daach un oach bei Mondesschein
genieße ihn die Leire.

Clarissa un det Herrmännche
se hon in gastfrei Haus,
un wenn die zwee mol sin deheem
giehn Freunde enn un aus.

Se sin en wahres Künstlerpaar,
de Herrmann dirigiert
Orchester - während dem sei Fraa
mit ihrer Stimm präliiert.

Herrmann geniert zum Simon - Clan,
do giehts als menschlich zu,
de Anton hot demeest se sahn,
die ann' re genn ke Ruh.

En jeder reit' sei Steckeperd,
de Ernst hängt voll mit Kunst,
do kimmt so manches ihm verquert,
sei Plane wer'n verhundst.

De Matko, technich intressiert,
der dut ihm arg gefalle,
en Tante oach noch existiert,
die dut die Stang ihm halle.

Det Lenche un de Rudi Molz,
padente Wirtshausleit,
se sin aus nähmlich gurem Holz
un immer dienstbereit.

Weltmeesterschaft im Fußballspiel,
die Sonnefinsternis,
dat Wichdiche in de zehn Johr
wird in dem Film umriss'.

Die Russlanddeitsche hei zu Land,
die komme oach zu Wort,
die eene finne leicht sich renn,
bei ann're et rumort.

Vom Lewe, Sterwe is die Reed,
von Umweltschutz un Friire,
Gefängnis is nit ausgeschloss',
de Film hot viel se biere.

Watt Edgar Reiz sich ausgedacht,
dat hot schon Hand un Fuß,
ger hot merr dobei mitgemach,
trotz Mieh oach en Genuss.

So vieles schwingt do mit erinn,
un riehrt an det Gemiet,
en kleene Umriss konn'ts nur senn
mit Wunsch of Appedit.

Liesel Franz

Christel Schäfer aus Ellern über ihre Rolle als Lenchen Molz

Heimat 3 „Chronik einer Zeitenwende" Film in 6 Teilen von Edgar Reitz. Ich war dabei!!

von Christel Schäfer, Junge Bühne Ellern (auf dem Bild mit dem realen Vorbild ihrer Rolle, Marga Molz, zu sehen).

Im Frühjahr 2001 ging es durch die Medien, Edgar Reitz dreht die dritte Staffel von Heimat. In diesen Filmen als Komparse mitzuwirken, oder gar eine kleine Rolle zu bekommen, wäre ein Traum. Als wir im Sommer auf dem Pütz Theater spielten, war Edgar Reitz anwesend um sich Hunsrücker Laien-Darsteller anzusehen. Im November 2001 schickten wir von der Jungen Bühne unsere Daten und jeder sei Foto an die Edgar Reitz Film ab, in der Hoffnung erhört zu werden.

Im Januar 2002 feierte ich meinen 60. Geburtstag. Anfang Februar 2002, (ich glaubte schon nicht mehr an eine Chance) wurde ich zum Kasting zu Edgar Reitz eingeladen. Ich hatte keine Vorstellung was mich bei diesem Kasting erwartet und um was es geht. Edgar Reitz begrüßte mich sehr freundlich. Er sagte mir, ich warte noch auf einen männlichen Darsteller. Dieser hieß Berthold Korner, war Schauspieler aus Freiburg. Als er eintraf, erzählte uns Edgar Reitz die Geschichte von Rudi und Lenchen, dem Gastwirt-Ehepaar aus Schabbach, wozu er heute die Darsteller zu finden hoffe.
Die Geschichte von Rudi und Lenchen ist in Wirklichkeit die Geschichte von dem Gastwirt-Ehepaar Rudi und Marga Molz aus Woppenroth.Wir mussten uns nun eine kleine Szene einprägen und Edgar Reitz vorspielen. Es klappte gut! Ich lernte meine ersten Lektionen: 1 .)Niemals in die Kamera sehen!! 2.) Nicht so laut reden wie beim Theater!! 3.) Versprecher sind erlaubt, weil Wiederholung möglich!! Wir mussten alles 3 oder 4 mal wiederholen, anschließend wurden Fotos gemacht, (ich wurde immer verspannter) wir sprachen noch über unseren Hunsrücker Dialekt und alles war mit dem Satz vorbei: „ Sie bekommen Bescheid!!" Nach mir kamen noch zwei Bewerberinnen.

Am nächsten Tag kam der Anruf von der Leiterin der Statisterie von Heimat 3 Helma Hammen. Sie sagte nur einen Satz : „SIE SIND DAS LENCHEN IN HEIMAT 3". Meine Gefühle fuhren Achterbahn!!! Ich spiele das Lenchen in Heimat 3, ich konnte mein Glück nicht fassen. Rudi wird von Berthold Korner gespielt. Wir beide hatten Edgar Reitz überzeugt, einfach toll!! Nun bekam ich einen Darsteller-Vertrag über 15 Drehtage. „ Unglaublich!!" Als nächstes wurde ich für die Rolle eingekleidet. Die Kleidung schien mir ein wenig altmodisch, aber Ich war ja nicht Ich, sondern Lenchen!!

Die Drehbücher wurden mir zugeschickt. Ich vertiefte mich in Heimat3 und meine Rolle als Lenchen. Am 12. April 2002 ging es los!! Mein erster Drehtag!! Zuerst ankleiden, dann in die Maske, dann!! Lektion Nr. 4 : Geduldig warten auf den Einsatz!! Endlich war es soweit!! Mit über 500 Komparsen wurde eine Friedensdemo mit Menschenkette gedreht. Ich war total beeindruckt welche Ruhe Edgar Reitz auch nach der 6., 7. und 8. Klappe noch ausstrahlte. Wir waren alle total durchfroren, denn auch das letzte Licht vom Abendrot musste ausgenutzt werden. (Im Film ist diese Szene sehr beeindruckend.) Ich machte mir zum ersten mal ein Bild davon, welch harte Arbeit das Team, Beleuchter, Kamera, Ton usw. leisten müssen. Bei meinem 2.und 3. Drehtag im Gasthaus Molz, (ich war nicht mehr ganz so aufgeregt) konnte ich die Spontaneität von Edgar Reitz erleben. Nachdem unser Pensum aus dem Drehbuch abgedreht war, sagte er, wir drehen noch eine kleine Szene! Er erklärte uns was er meinte! Wir formten den Text dazu ! Die Kamera und das Licht wurden eingerichtet und schon ging es los! 1. Probe, 2. Probe, wir drehen! Ton ab, Ton läuft, und Bitte!! Es klappte fast auf Anhieb. Ich habe diese spontanen Szenen, die ich sehr oft erleben durfte, ganz besonders geliebt.

Im Drehbuch ist der Dialekt nur angedeutet, Edgar Reitz gab mir viel Freiheit es in meine Worte zu fassen. Unser Hunsrücker Dialekt! Wir sprechen ihn nicht nur, wir fühlen ihn, er ist Teil unserer Lebensart. Ich finde er ist die Seele in allen Heimat Filmen, genauso wie unsere wunderschöne Landschaft. Ich denke das ist auch der Grund, warum Edgar Reitz mit Hunsrücker Amateuren arbeitet.

Vom 18. Juli bis zum 2. August 2002 wurde die Einweihung des Günderode-Hauses in Oberwesel gedreht. Dieses Haus steht wirklich am schönsten Platz über dem Rhein, es ist der eigentliche Star in Heimat 3. 10 Drehtage und einige Nächte. Fast alle Darsteller waren dafür anwesend. Nun wurde mir erst richtig bewusst, welches Glück ich habe, Lenchen sein zu dürfen. Jeder Profi-Schauspieler würde Gott weiß was tun um bei Edgar Reitz zu spielen. Und ich war dabei!! Mittlerweile war ich mit der Regiearbeit von Edgar Reitz sehr vertraut. Er war öfters angespannt! kein Wunder!! Aber manchmal gab es Momente in denen er alles vergas und uns Geschichten (Stickelcher) erzählte, dann hörten wir begeistert zu. Er ist ein wunderbarer Erzähler! Für mich waren dies Momente die schönsten.

Die Dreharbeiten waren für mich zur Freude geworden, ich setzte mich nicht mehr selber unter Druck. Edgar Reitz führte eine strenge Regie, er lobte nicht. Aber wenn er sagte, es ist gut, dann war es gut. In dieses Gefühl ließ ich mich wie in eine Hängematte fallen. Bis zum Schluß fühlte ich mich wunderbar getragen. Nach diesen zwei Wochen war ich total geschafft, aber glücklich. Ich fragte mich, wo nimmt dieser Mann und das ganze Team, die Kraft her, so hart zu arbeiten.

Als nächstes drehten wir auf dem Flugplatz Hahn, im Dom zu Ravengiersburg, das Fußballspiel des F.C. Schabbach, 2 Tage Beerdigung des Anton Simon und schließlich im November 2002 Weihnachten in Schabbach mit künstlichen Schnee. Aus 15 Drehtagen, waren jetzt schon 21 geworden und ein Ende war nicht abzusehen. Berthold und ich waren ein sehr gutes Team geworden. Im Mai 2003, der Raps blühte wunderbar, wurden vor dem Zwillingsbaum bei Schabbach die Fotos von der Goldhochzeit von Rudi und Lechen gemacht. Dieser Baum symbolisiert zwei Menschen die nach langen Jahren zu einer Krone verwachsen sind. Rudi und Lenchen verkörpern in Heimat 3 die Liebe und das Beständige in unserer schnelllebigen Zeit.

Dann stirbt Rudi, wird in der Gaststube aufgebahrt und dann beerdigt. Mit großer Trauergemeinde, Blasmusik, vielen Blumen und ich muß als Witwe Lenchen, diese furchtbare Trauer darstellen. Es hat mich sehr viel Kraft gekostet, aber ich habe es geschafft, darauf bin ich besonders stolz.
Vom 2. bis 4. Oktober 2003 wurde im Günderode-Haus Silvester 2000 gedreht. Ich war als Witwe in schwarz dabei. Am 4. Oktober 2003 um fünf Uhr morgens war mein letzter Drehtag beendet. Ich war glücklich und traurig zugleich !
Diese zwei Jahre mit insgesamt 30 Drehtagen bei Heimat 3 , mit Edgar Reitz, Berthold Korner, den Hunsrücker Amateur-Darstellern, den bekannten Schauspielern und wunderbaren Team, waren etwas ganz besonderes in meinem Leben. Ich bin froh und dankbar, dass ich das Lenchen sein durfte und wohl auch bleiben werde.

© Christel Schäfer 2005, erschienen in "Vorhang auf!" (Zeitschrift des Bundes Deutscher Amateur-Theater (BDAT)) 4/2004, S. 24-26.

Ingo Lang aus Rheinböllen über seine Rolle als Lothar Welt

Heimat 3, wie es für mich war.

Als Hunsrücker und Heimat-Fan verfolgte ich die Berichte, die über Edgar Reitz in der Zeitung zu lesen waren. Seine Bemühungen um die Finanzierung und die Realisierung der 3. und letzten Staffel der Heimat-Trilogie. In Heimat 1 durfte ich als Statist mitspielen. Als steinewerfender Jugendlicher und als Flugschüler hatte ich Spaß an der Sache gefunden und ich hegte, als die Vorbereitungen zur "Heimat 3" begannen, die leise Hoffnung man könnte vielleicht auch mich brauchen. Mein Vater hatte Bilder und Beschreibungen von Interessierten unserer Theatergruppe zusammengestellt und bei der Filmproduktion abgegeben.

Edgar Reitz und Robert Busch besuchten Hunsrücker Theatergruppen bei ihren Theateraufführungen um Leute zu "entdecken". Wir spielten in diesem Jahr unser Jubiläumsstück "Theater, nix als Theater" und hatten praktisch alle Spielerinnen und Spieler auf der Bühne. 40 Jahre studio 61 wurde gefeiert – ohne meinen Vater Arno Lang, der im Sommer starb. Häufig hatte er Kontakt zu Edgar Reitz und ist mit ihm über den Hunsrück gezogen, um das Seinige zu tun, die letzte Heimat Staffel zu realisieren. Die "Heimat 3" hätte ihm wohl sehr viel Spaß gemacht.

Zu einer dieser Aufführungen kam Helma Hammen als Vertretung für Edgar Reitz der schon fest in den Vorbereitung für den Film war und keine Zeit hatte selbst zu kommen. Helma übernahm in der Produktion das Casting der Hunsrücker Laiendarsteller und Komparsen.

Ich führte damals Regie beim unserem Stück "Theater, nix als Theater" und spielte daher selbst nicht mit. Helma saß in der 1. Reihe und machte ihre Notizen, verriet aber zu Recht nicht wen oder was sie notierte. Da wir auch ein Video dieses Stückes anfertigen ließen, bat man uns, das doch bei der Produktion abzugeben. Kurz nach Weihnachten 2001 gab ich das Video beim Forsthaus in Riesweiler ab. Gerne hätte ich mit Robert Busch oder mit Edgar Reitz gesprochen, aber die waren nicht da.

Einige Tage später im Januar 2002 rief ich bei der Produktion an um zu hören, welchen Eindruck das Video gemacht hatte und hatte Franz Bauer am Apparat, der genauso klang wie damals bei den Dreharbeiten zu Heimat 1. Wir erkannten uns nach 20 Jahren auf Anhieb. Franz Bauer war damals bei den Dreharbeiten zur Heimat 1 und in den Teilen 1 – 4 der Heimat 3, der Ausstatter. Ein bayrisches Urgestein, den jeder mochte. Doch er konnte nicht sagen, wie das Video bei Edgar oder Robert ankam.

null Irgendwann Ende Januar rief mich dann Robert Busch an, um einen Termin zu machen. Wir vereinbarten, uns bei mir zu treffen, wenn möglich auch mit Birgit Nitze, ebenfalls ein Mitglied unserer Theatergruppe. Birgit Nitze befand sich gerade auf einer Urlaubsreise, was sie maßlos ärgerte, da sie ausgerechnet, an diesem Termin nicht da sein konnte. Auch sie wünschte sich sehr beim Film mitmachen zu dürfen und sah es nun als verloren an.

Es kamen Edgar Reitz und Thomas Mauch (Kameramann in den Teilen 1 – 4) Beide waren auf der Durchreise nach München. Edgar beschrieb ganz kurz den Inhalt der Folgen und die Rolle Lothar Welt für die er jemanden suchte. Lothar Welt ist Möbelfabrikant und einer der Schwiegersöhne Antons. Meine Frau und ich hätten Edgar stundenlang zuhören können, wie er so enthusiastisch, und lebendig erzählte. Das machte uns bei den Dreharbeiten auch immer besondere Freude, wenn er in den Drehpausen erzählte. Man hing an seinen Lippen und folgte seinen Erzählungen.

So schnell wie die Beiden kamen, so schnell waren sie auch schon wieder verschwunden. Das war dann für einige Zeit, das Letzte was ich hörte. Es war Mitte Februar als Helma anrief und uns, Birgit und mich zu einem Casting nach Riesweiler ins Feuerwehrhaus einlud. Danach wollte man sich entscheiden und uns benachrichtigen.

Als dann am nächsten Tag der erlösende Anruf kam, ich dürfe den Lothar Welt spielen, machte ich Luftsprünge. Die gute Nachricht, Birgit dürfe die Marlies Welt, geborene Simon spielen, durfte ich ebenfalls weiterreichen. Und so war das darstellende Paar für Marlies und Lothar Welt geboren.

Nun fieberte ich dem 1. Drehtag entgegen. Es war der 15.04.2002 und es wurde die Szene aus Teil 1 gedreht, als Hermann seinen Bruder Anton aufsucht, nachdem er gerade wieder zurück auf den Hunsrück gekommen ist. Die ganze Familie ist versammelt. Tags zuvor wurde ich angerufen, ich solle so um 9:30 Uhr im Produktionsbüro sein. Meine Kostümanprobe hatte ich einige Tage vorher schon.

Ich war gerade im Bad, als Robert anrief und mich fragte, wo ich denn sei, alle würden schon auf mich warten. Oh, gleich am ersten Tag bin ich nicht rechtzeitig da und ich hasse Unpünktlichkeit. Wie sich herausstellte hatte man mir den falschen Anfangstermin gegeben. Alle warteten tatsächlich auf mich, Gott, war mir das peinlich. So probten wir das kleine Gespräch zwischen Dieter, Hermann und Lothar. Edgar hatte auch gar nicht viel zu bemäkeln, seine Anmerkung: "Nicht Theaterspielen" sollten wir uns für die ganze Drehzeit in Erinnerung behalten. Die starke Gestik und Bewegung, die beim Theaterspielen angebracht und wichtig ist, ist beim Film, da sie überzogen und künstlich wirkt unnötig. Aber meinen Text hatte ich schön gelernt – es war ja auch nicht so viel – aber mit dem Dialekt hatte ich trotzdem ich ihn ja täglich höre meine Schwierigkeiten. Ich hatte ihn eigentlich nie richtig gelernt. Bei uns zu Hause wurde immer Hochdeutsch gesprochen. Oh je, ich war doch ziemlich aufgeregt. Die Probe war offenbar zu Edgars Zufriedenheit abgelaufen. Dann mussten alle Darsteller das Set verlassen, sich umziehen und sich schminken lassen, während die Technik für den Dreh eingestellt wurde. Die Szene wurde in mehrere kleine Stücke aufgeteilt, damit die Kamera immer andere Perspektiven machen konnte. So wurde immer ein wenig gespielt, dann die Technik für die neue Perspektive eingerichtet und das nächste Stückchen bzw. das Gleiche erst mit Proben, dann mit der Aufnahme umgesetzt.

Der erste Drehtag ging für uns mit vielen Proben zu kleinen Szenen und Pausen und schließlich den Aufzeichnungen bis zum Abend. Jetzt wussten wir, was in etwa auf uns zukommen sollte. Laut Plan sah alles so leicht aus, aber was das für ein Aufwand, das hätten wir uns nicht so vorgestellt. Es waren zwei Tage Dreh mit der kompletten Familie geplant. Zwei Tage die im Film vielleicht 3 Minuten dauern.

Unsere Tage im Sommer 2002, ich glaube es waren vier, am Günderrodehaus ließen uns wieder so richtig in die eigene Atmosphäre des Films eintauchen. Es war wunderbares Wetter und es sollte die Hauseinweihung gefeiert werden. Die ganze Familie war anwesend. Lothar und Marlies Welt kamen mit Hartmut in seinem alten Horch zum Fest. Die Ankunftsszene war eine der ersten die an diesem Tage gedreht werden sollte. Hartmut, ich rede jetzt mit Rollennamen, sollte den Weinbergsweg hoch in den Hof um die Kastanie herum fahren und vor dem Haus stehen bleiben. Die Kamera sollte diese Fahrt bis zum Stand des Wagens mitnehmen. Wir haben es gar nicht gemerkt, aber der Wagen blieben nicht stehen, so sehr sich Hartmut auch bemühte, er bekam den Wagen nicht zum stehen. Diese alten Fahrzeuge haben wohl ein Eigenleben. Das Standgas war, damit der Oldtimer nicht ausgeht, sehr hoch eingestellt und durch den starken Drehmoment zog der Wagen trotz gezogener Handbremse durch. Erst als das Auto am Haus vorbei und aus Kamerasichtweite Richtung Abhang verschwunden war, blieb er auf den Stufen nach unten stehen. Edgar war wohl etwas erschreckt. Einfach aus dem Bild gefahren. Es muss wohl allen einen Schreck eingejagt haben, schließlich ging es in diese Richtung nur Bergab Richtung Rhein. Ich glaube, die Einzige die das erst überhaupt nicht erfasste war Marlies, sie saß hinten im Wagen und grüßte freundlich.

Es waren vier schöne Tage, die zum Teil bis in den frühen Morgen gingen. Wenn man mehrere Tage dabei war, gehörte man immer deutlich merkbar mehr zum Team als in den ein oder zwei Tagen zwischendurch. Denn ab und an vergingen Wochen bis man mal wieder dran war. Eine lange Zeit, ich freute mich immer wenn Helma anrief und mit uns Termine machte. Die "Drehs" am Günderrodehaus waren schon durch die Umgebung immer sehr schön.

null Die Szene "Weihnachtsessen bei Anton" ging der Szene des weihnachtlichten Kirchenbesuchs in Schabbach voraus und wurde Anfang September 2002 gedreht. Der Kirchenbesuch dann im November 2002 bevor es in die tatsächliche Weihnachts-Drehpause im Hunsrück ging. Draußen sommerlich und drinnen in der Villa Anton Weihnachten. Alles war sehr schön geschmückt. Die Familie war fein eingekleidet und traf sich zum Essen. Weihnachten im Sommer, das war schon ein schönes Erlebnis.

Als Schnäppchenjäger der Familie sollte ich mit einer Kiste Angebotssekt beim Fest erscheinen. Ich war schon sehr aufgeregt. Es verunsichert einen schon, wenn die Kamera sich so direkt auf einen konzentriert. Ob man es richtig gespielt hatte, wusste man meistens nicht so genau, da der Edgar nie oder nur sehr selten gesagt hat, dass es OK war. Aber, es hieß: "Wenn der Edgar nichts sagt, ist es schon richtig gewesen" Sollte es ja eigentlich auch, denn sonst wäre es noch einmal gemacht worden. Aber ein Zweifel blieb immer, denn die Möglichkeit die Szene dem Schnitt zu opfern blieb ja noch.

Sehr beeindruckend war auch der "Dreh" zu Antons Beerdigung, die im November 2002 in Sargenroth auf dem Friedhof inszeniert wurde. Es war fürchterlich kalt, ein eisiger Wind ließ die Beerdigungsgesellschaft frieren. Diese Beerdigungsszene gehört in den 4. Teil und war für uns so ergreifend, das die Tränen echt waren, die den meisten in den Augen oder bei anderen tatsächlich liefen. Es waren zwei Tage die mit sehr vielen Leuten gedreht wurden. Entsprechen war auch Kostüm und Maskenaufwand. Für diese Vorbereitungen wurde die Gemeindehalle in Sargenroth genutzt.

Ach, da fällt mir noch etwas Nettes ein. Die Kamera stand in Richtung Friedhofseingang. "Schnüßchen" kommt an, die Kamera schwenkt an den Trauergästen vorbei an der Friedhofmauer entlang. Ja, ich glaube die Sequenz ist es gewesen, als Edgar rief: "Was geht denn da für ein Hut"? Alles um den Friedhof war abgesperrt, aber einer hatte sich wohl durchgemogelt und ging am Friedhof außen vorbei. Alles was wir sehen konnten war ein Hut der oben an der Mauer entlang wanderte. Sah aus wie im Comic.

Nun, ich wollte jetzt hier nicht jeden Drehtag wiedergeben, habe ich auch nicht, sondern lediglich einen kleinen Einblick geben, wie ich die Sache erlebt und empfunden habe. Es waren für mich Tage auf die ich mich immer sehr gefreut habe, die mir sehr großen Spaß gemacht haben und die ich in Erinnerung halten werde.

Über diese Drehtage haben sich Kontakte mit anderen Theatergruppen ergeben und gefestigt, die man vorher nicht hatte. Edgar hat mit diesem Film die Theatergruppen im Hunsrück näher zusammen gerückt. So gibt es immer mal wieder Treffen der Hunsrücker Beteiligten.
Ein netter Kontakt besteht bei den Darstellern der Kinder Antons (Hartmut, Dieter, Gisela, Helga und Marlies) mit ihren Partnern. Wir treffen uns alle paar Monate und freuen uns auf unser Wiedersehen.

Wir waren alle sehr gespannt auf die Premiere in Mainz, zu der wir eingeladen waren. Da stellt sich die Frage: "Wie sieht man sich im Film"? Es war schon irgendwie eigenartig sich auf der Leinwand zu sehen, aber die Unruhe die andere aus dem Darstellerteam hatten, empfand ich eigentlich nicht. Natürlich war ich gespannt darauf, was übrig geblieben ist von den Szenen in denen ich vorkam und wie es wirkte. Und ich muss mich wundern, wie viel von den Einstellungen in denen ich im Bild war und auch noch etwas sagen durfte nicht herausgeschnitten wurden. Nun, ich für meinen Teil kann sagen, das mir sehr viel Ähnlichkeiten mit mir und meinem Vater aufgefallen sind, das der Text besser zu verstehen war als ich glaubte, weil der Toningenieur bei den Aufnahmen des Öfteren nicht so begeistert schien. Den Hunsrückern wird es auffallen, dass mein Dialekt nicht perfekt ist. Aber sonst, war ich mit mir zufrieden. Sicherlich würde ich versuchen heute, nachdem ich den Film gesehen habe, das ein oder andere anders zu machen, aber es ist wie es ist und die Regie hat ja immer ein Wörtchen mitzureden und war wohl auch zufrieden.

Alles in allem stellte sich für mich die Frage: "Warum hast Du so was nicht zu Deinem Beruf gemacht"? Aber, für uns als Amateure war es etwas Besonderes, ganz anders als bei den Profis für die das alltägliches Geschäft ist.

Edgar hat einmal gesagt, er sähe uns immer so gerne, weil bei uns so die Augen glänzen. Und, ich glaube er hatte Recht

Gäbe es eine Heimat 4, wir wären wieder dabei. Mit dem gleichen Enthusiasmus und der Freude, die wir bei diesem Projekt mitgebracht haben.

Ingo Lang

© Ingo Lang 2005, erschienen in "Vorhang auf!" (Zeitschrift des Bundes Deutscher Amateur-Theater (BDAT)) 4/2004, S. 22-24.
Homepage der Theatergruppe Studio 61, Rheinböllen

Helma Hammen aus Schlierschied/Hunsrück über ihre Tätigkeit als Casterin der Darsteller und Komparsen aus der Region

Jahreswechsel 2000 – 2001!

Ich schaute in eine ungewisse Zukunft. (Lulu in der Schlussszene von Heimat3)

Arbeitslos! Zum ersten Mal in meinem bisherigen Leben. Meinen Beruf (Krankenpflege) musste ich schweren Herzens aus gesundheitlichen Gründen aufgeben. Der Weg zum Arbeitsamt fiel mir schwer. Neu orientieren war angesagt. Nur wohin? Das war die Frage.

Durch eine Bekannte hörte ich, dass Edgar Reitz eine dritte Staffel Heimat drehen wollte. Ja, eine Arbeit mit Edgar Reitz, das konnte ich mir gut vorstellen. Mir war Edgar Reitz natürlich ein Begriff, ich kannte ihn von den Dreharbeiten zu Heimat1. Die Theatergruppe Dumnissus Kirchberg, der ich seit 1975 angehöre, hatte bei Heimat1 schon mitgewirkt. Auch ich hatte eine kleine Rolle im ersten Teil. Im März 2001 traf ich Edgar Reitz auf der Beerdigung von WoWa (Wolfram Wagner, Leiter und Gründer unserer Theatergruppe und "Mätthes Pat" von Heimat1) wieder. Ich brachte Edgar Reitz mein Anliegen, eine Arbeit bei Heimat3, vor. Ich höre ihn heute noch sagen: "Oh Helma, die Krankenpflege und der Film ist aber ein großer Unterschied". Das wusste ich selbst. Auch die Finanzierung für Heimat3 sei noch nicht klar. Edgar Reitz wollte sich mein Anliegen überlegen und mir dann Bescheid geben. Meine Geduld wurde auf eine lange Probe gestellt.

Im Oktober 2001 kam der erlösende Anruf! Am 14.10.01 wurde ich von Edgar Reitz zu einem persönlichen Gespräch eingeladen. Er war im Hunsrück! Die Finanzierung von Heimat3 war abgeschlossen. Nun konnte es losgehen! Im Forsthaus in Riesweiler erzählte mir Edgar Reitz in seiner einfühlsamen Weise von Heimat3. Er stellte mir jede Figur seiner Geschichte vor. Mir wurde ganz schnell klar, keine leichte Aufgabe! Aber ich war begeistert! Ich bat um eine Nacht Bedenkzeit, um mir klar zu machen, ob ich diese Anforderung bewältigen könne. Aber auf dem Nachhauseweg habe ich gedanklich schon Rollen besetzt und überlegt, welche Figur für dieses Projekt in Frage käme. Am 15.10.01 habe ich telefonisch zugesagt mit den Worten: "Ich werde es versuchen". Erfreut hörte ich den Satz: "Herzlich willkommen im Edgar Reitz Film Team"!

So begann die Zeit des Castens Hunsrücker Darsteller. Jetzt konnte es losgehen. Mein Hobby wurde zum Beruf. Ich besuchte etliche Theatergruppen in der Region. Überall wurde ich mit offenen Armen empfangen. Ja, alle wollten am Casting teilnehmen. Ich schaute mir Stücke an, fotografierte die Schauspieler, katalogisierte, und meine Sammlung füllte sich. War Edgar Reitz im Hunsrück, so schaute er sich meine Bilder an, wählte aus, oder er sagte: "Such weiter"! Im Januar 2002 war es dann soweit. Probeaufnahmen waren angesagt. Ich bestellte die Ersten ein. Edgar Reitz war von einigen begeistert, andere mussten neu gesucht werden. Eine unangenehme Aufgabe für mich, wieder abzusagen! Aber auch das musste ich lernen. Anfang März stand die Besetzung zum größten Teil. Wurde auch Zeit, der erste Drehtag (20.03.02) rückte immer näher. Im Osten ging es los (Grenzübergang und Mauerfall). So, nun fehlte noch die Komparserie. In die Hunsrücker Zeitung kam der Aufruf: "Wer hätte Lust und Zeit, in Heimat3 als Komparse dabei zu sei?" Eine Komparsensprechstunde wurde eingerichtet. Einmal wöchentlich saß ich am Telefon, dienstags von 9.00 bis 12.00 Uhr. Es gab einen großen Andrang, viele wollten dabei sein. Nun wurden auch die Komparsenmappen gefüllt. Einsortiert wurde in Rhein, Hunsrück, nach Alter und in Gruppen. Mir war klar, wird am Rhein gedreht nimmt man dort die Leute, wird auf dem Hunsrück gedreht, kommen die Hunsrücker an die Reihe. (Übrigens: Ich war nie gefragt worden, ob ich die Komparserie übernehme wolle, ich hatte sie einfach).

Helma Hammen mit Teilnehmern der HEIMAT-Bustour sowie den Darstellern Karl Heinz Kaiser und Christel Schäfer am 29.10.2004 in Woppenroth.

Film war für mich ganz neu. Woher sollte ich auch die Erfahrung haben? Ich glaube, wenn ich am Anfang gewusst hätte, was alles auf mich zukommen würde, hätte ich gesagt: "Tut mir leid, dass kann ich nicht schaffen!" Aber ich wusste es nicht! War auch gut so. Die Worte "geht nicht" gab es beim Film nicht. Es ging immer! (Habe ich aber später erst gelernt). Unbefangen und mit viel Begeisterung ging ich an die Arbeit. Drehbücher, Drehpläne, Dispo, Drehtage, Termine mit den Darstellern, die Komparserie, ich schaffte mich rein. Im April 2002 war erster großer Drehtag mit vielen Komparsen. Die Menschenkette um Pfarrer Dahl. 400-500 Komparsen wurden gebraucht. Jetzt ging es los mit der Komparsenmappe. Etliche Gruppen wurden angefragt. Ich bekam die Leute zusammen. Nun kam der erste Schlag, der Termin wurde geändert! Nun ging die Suche von vorne los! Dann zum zweiten Mal ! Ich dachte ich dreh durch! Jetzt wurde mir klar: Bevor ich schon am Anfang aufgebe, hole ich mir eine Hilfe. Nun kam meine Freundin Margot Roeper ins Spiel. Zusammen schafften wir diesen großen Drehtag! Wir waren ein gutes Team! Am 12.04.02 wurde die Menschenkette endlich gedreht mit ca. 500-600 Komparsen. Es war überwältigend! Edgar Reitz lobte uns für diese Arbeit und fragte: " Wie habt ihr das geschafft?" Wir wussten es: Telefonieren, telefonieren, telefonieren!!!!!!! (Drehplanänderungen sind für mich bis zu Schluss ein Horror geblieben. Man hatte geplant und dann war alles hinfällig. Die Änderungen waren abhängig vom Wetter, von Terminen der Schauspieler, der Technik und vielem mehr.)

Wir hatten es uns zur Aufgabe gemacht, die Komparsen zu betreuen und zu versorgen. Sie wurden gebraucht! Es sollte ihnen in den langen Wartezeiten bei den Dreharbeiten gut gehen. Ich hoffe, es ist uns gelungen. Viele sind gerne wieder gekommen. Insgesamt haben bei den Dreharbeiten im Hunsrück ca. 2478 Komparsen mitgewirkt. Aber nicht nur Hunsrücker wurden gebraucht, sondern auch 40 Holländer, 60 Russlanddeutsche, Japaner, Engländer, GIs und viele, viele mehr!

2 Jahre habe ich für Edgar Reitz gearbeitet (15. Oktober 2001 – 15.Oktober 2003). Es war eine harte, anstrengende, erfahrungsreiche und dankbare Zeit. Ich bewundere Edgar Reitz für seine einfühlsame Art mit Menschen umzugehen. Ich bin stolz bei diesem Projekt mitgewirkt zu haben. Es war für mich eine große Erfahrung in diesem guten und professionellen Team zu arbeiten. War nicht immer leicht! Die letzten Wochen der Dreharbeiten habe ich mit einem Berganstieg verglichen. Je höher man kam, umso steiler wurde es. Mir ging die Luft aus! Die Versuchung, umzukehren, war groß. Aber ich wollte doch mit nach oben! Am 11. Oktober 2003 war es soweit. Letzter Drehtag in Woppenroth (Traumsequenz Hermann mit Sarg). Edgar Reitz sagte für mich zum letzten Mal: "Drehschluss!" Kaum zu glauben, ich hatte es geschafft! Wir waren auf dem Gipfel angekommen! Heimat3 war im Kasten!!!!
Wie man die Menschen für Heimat3 begeistert und vieles, vieles mehr aus dem Nähkästchen erzähle ich gerne den Heimatfans auf meiner persönlichen "Reise" durch Heimat3. Info: www.heimat-reise.de

© Helma Hammen, 2005.

Helma Hammen hat Ihre Erfahrungen auch zu einem Buch verarbeitet: Helma Hammen: Hunsrück Casting. Edgar Reitz' Film 'Die andere Heimat' und ich, erschienen am 23.3.2015, 116 Seiten, ISBN 978-3-945782-002

"Kamera läuft!" "Ton ab!" "5/47b die Erste!" "Und bitte!"

Ein Wiesbadener Schauspieler bei Heimat 3

Von Benjamin Krämer-Jenster

Edgar Reitz, seine Mitarbeiter und die Schauspieler konzentrieren sich ganz auf die folgenden Sekunden und Minuten, in denen all das, was zuvor in mühseliger Kleinarbeit vorbereitet wurde, auf 35mm Film gebannt werden soll ... Für Reitz bedeutet das 35mm Filmformat immer noch die optimale Möglichkeit, seine filmischen Stoffe erzählen zu können. Der Umgang mit natürlichem und künstlichem Licht, die Auflösung der Farben und die Wirksamkeit der Tiefenschärfe durch den Einsatz der Objektive sind für den "Heimat" - Cineasten immer noch von größter Wichtigkeit. Schließlich werden seine Filme auch in den Kinos auf der ganzen Welt gezeigt. In Italien mögen sie Heimat 2, in England eher Heimat 1, zum Beispiel! Ich habe das Glück mit dem Autor, Regisseur und Produzent Edgar Reitz für Heimat 3, Folge 5, ("Follow me") [Anmerkung Th. H.: Der Titel des fünften Films wurde später in "Die Erben" verändert.] arbeiten zu dürfen. Acht Drehtage, das bedeutet für einen fest engagierten Schauspieler an einem Theater sehr viel. Und man hat das gute Gefühl, dass es zu einer produktiven Arbeit an einer, wenn auch kleinen, Rolle werden kann.

Mai 2003: In Riesweiler, im Hunsrück, warte ich auf Edgar Reitz, der mich zu einem Gespräch eingeladen hatte. Etwas mit Verspätung kommt er von Probeaufnahmen und der Suche nach geeigneten Drehorten zurück. Auf dem Kopf trägt er die obligatorische Schirmmütze des Filmregisseurs, und ich werde ihn nie anders sehen. Wir sitzen in einem der Produktionsräume und er erzählt mir viel über das Drehbuch und die Figur des Herrn "Meise", für die ich vorgeschlagen wurde! Seine Art, zu erzählen, schafft eine sehr entspannte Atmosphäre und ich fahre zurück mit der Gewissheit, in absehbarer Zeit zu Probeaufnahmen eingeladen zu werden. Eine Woche später ist es so weit. Die Aufnahmen finden auf dem Grundstück eines Sägewerks statt, irgendwo im Hunsrück. Zwei 13 jährige Jungen, die jeweils auch für eine Hauptrolle getestet werden sollen, sind meine Partner. Reitz findet meine Angebote attraktiv, bittet sich aber noch Bedenkzeit aus. Zu viele Überlegungen in der Realisation der endgültigen Gestaltung müsse er noch mit seinen Mitarbeitern besprechen. Vierzehn Tage später bekomme ich die Zusage. Für eine Kostüm- und Maskenprobe muss ich noch zweimal nach Riesweiler kommen. Herr Delnon, der Intendant vom Mainzer Staatstheater, war unmittelbar vor mir dran zum Maß nehmen. Spielt er auch mit? Ja! Reitz verrät mir auch, dass er den Ministerpräsidenten von Rheinlandpfalz, Herrn Beck, für eine Rolle gewinnen konnte. Bei einer Maskenprobe lerne ich "Schabbach" kennen, das Filmdorf, in dem für Heimat 1 alles anfing. Der "Kirchturm" von "Schabbach" wandert (bei den Dreharbeiten) als Holzkulisse immer mit. So kann auch an weit entfernten Drehorten immer wieder der Eindruck erweckt werden, man sähe in der Entfernung den "Turm" von "Schabbach".

15.07.03, erster Drehtag in St. Goar. Reitz und sein Team erweisen sich, selbst bei den anstrengenden Außenaufnahmen an der Uferstraße, als ausgesprochen locker und konzentriert. Die Produktionsbedingungen erlauben es dem Regisseur, chronologisch drehen zu können. So hat er noch Gestaltungsfreiheiten. Das macht auf mich den unwiderstehlichen Eindruck, als würden seine Szenen eben erst ins Leben gerufen. Er legt Wert auf die Authentizität des Schauspielers und seiner Figur.

23.07.03: Ein Aussiedlerhof auf dem Land. Der Regisseur lässt den Tag langsam angehen. Er sucht nach den geeigneten Einstellungen für die Kamera. Heute darf ich zu Beginn über ein Feld laufen, durch eine Herde von Schafen hindurch. Der Schäfer und sein Hirtenhund müssen die Herde immer wieder auf Ausgangssituation treiben. Im Hintergrund der "berühmte Turm von Schabbach."

25.07.03: Der Haupteingang des Krankenhauses in Simmern bekommt für die Dreharbeiten ein 10x1 Meter großes Schild montiert; UNIVERSITÄTSKLINIKEN MAINZ. Während der Außenaufnahmen, ich hatte die Montage nicht mitbekommen, ertappe ich mich dabei, dass ich auf diese Fälschung hereinfalle! Eine Kollegin fällt unglücklich, ein Arzt ist nicht weit, aber sie kann weiterspielen.

29.07.03: Der vierte Drehtag findet bei Oberwesel statt. Hoch oben über dem Rheintal wurde für Heimat 3 eigens ein Fachwerkhaus gebaut. Das "Günderrodehaus." Dort findet heute im Film ein wichtiges Zusammentreffen statt. 25 verschiedene Kameraeinstellungen für eine Szene von 1,5 bis 3 Minuten.

31.07.03: Am Loreleyfelsen. Gestern wurde dort ein Flugzeugabsturz gefilmt. Heute: Großaufgebot von Polizei, Feuerwehr, THW, Statisten und der Bergwacht. Der Junge will sich im Film von einem Felsenvorsprung in die Tiefe stürzen. Die Uferstraße ist gesperrt.

01.08.03: Der Junge über dem Abgrund! Von der Bergwacht gesichert! Dramatische Szene mit Mutter und Herrn "Meise". Mit einem "Galaxy"-Stativ (17 m Länge und teilweise ferngesteuert) werden die Szenen über dem Abgrund sicher eingefangen. Es ist heiß und alle sind sehr diszipliniert, denn hier soll am Ende dieses Films einmal gezeigt werden, dass Reitz auch "klotzen kann", wie er es mir vor einigen Tagen ankündigte. Für die Aktion des Flugzeugabsturzes sei ihm eine Computersimulation zu teuer gewesen, und außerdem, so seine Einschätzung, werde sich diese Art von Kino in Deutschland nicht durchsetzen. Ein Altmeister des Kinos bestimmt hoffentlich noch eine Zeit lang, wie es gemacht werden kann!

Siebter/Achter Drehtag: Verschoben auf September. (Ausstrahlung: Vorrausichtlich Weihnachten 2004)

Erschienen im Wiesbadener Kurier am 28.8.2003, © Benjamin Krämer-Jenster

Michael Kessler aus Kisselbach (Hunsrück) über seine Tätigkeit als Produktionsfahrer bei HEIMAT 3

Zu dem Job kam ich wie die Jungfrau zum Kind, ich bin selbständiger Tischlermeister und vor allem als öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für das Tischlerhandwerk bei der Handwerkskammer in Koblenz. tätig.

Im Febr. 2002 wurde ich vom Vermieter der Wohnung, in der Franz Bauer, unser 1. Ausstatter wohnte, angerufen „Die Leute vom Film brauchen einen Fahrer „na, das passt doch“ sagte ich und fuhr ins Produktionsbüro nach Riesweiler.

Eine kurze Erklärung von Jochen Ludwig, dem damaligen Produktionsleiter, ergab das zunächst ein Tischler gebraucht wurde, der die Büros mit einrichtet.

Das war meine erste Tätigkeit beim Film und die dauerte ca. 2 Monate. Die eigentliche Aufgabe eines Fahrer war mir noch immer nicht klar, ich dachte fahren halt, weit gefehlt, ein Fahrer holt morgens die Schauspieler in den jeweiligen Hotels ab und bringt sie zur Maske u. Garderobe. Der erste war in der Regel Henry Arnold, er hatte die längste Maske bei Paul Schneider. Dann ging es los nach Teistungen bei Göttingen der erste Drehtag. Klar, dass ich die Anfangszeit 6.45 Uhr um eine viertel Stunde überzog und mir einen Anpfiff vom 2. Aufnahmeleiter Soltan einfing.

2 Tage Teistungen, danach Abreise nach Berlin.

10 harte Tage, und vor allem Nachtdrehs im Hotel Kempinski, am Kuhdamm, am Brandenburgertor/Siegessäule. Kreuz und Quer durch Berlin düsen, Material, Essen und Trinken für den Set besorgen. Kaffe kochen, Brötchen schmieren helfen.. usw. Man lernt Berlin schnell kennen, sieht leider nicht viel davon. Morgens um 6 Uhr ins Bett und um 14.00 Uhr wieder raus.

Eine wichtige Erfahrung war, dass ein Fahrer zum Ansprechpartner für die Schauspieler wird. „Wie war der Tag gestern?, wie war es am Set?, waren alle gut drauf?", viele Fragen um den Tag, die Themen die heute abgearbeitet werden sollten, alles was die Sache menschlich macht war während der Fahrt zum Set ein Thema.

Es war für mich eine große Erfahrung, alle Schauspieler auf diese Weise kennen lernen zu dürfen. Alle waren sehr nett und hilfsbereit, vor allem, da ich überhaupt keine Ahnung vom Film und der damit verbundenen Arbeit hatte. Einmal sagte ich bei der Begrüßung eines neuen Hauptdarstellers "ich bin der Michael, ich bin nur der Fahrer hier", darauf bekam ich zur Antwort, "sag nicht nur der Fahrer, die Fahrer sind mit die wichtigsten Leute, du darfst deinen Job nicht unterschätzen".

Der Mensch ist lernfähig. So konnte ich in den Gesprächen mit den Schauspielern und den Teammitgliedern lernen.

Ich war trotz der harten Tage und Nächte voller Arbeit in einer großen inneren Anspannung, „Ist das was ich mache richtig“, diese Frage stellte ich mir oft. Da keine gegenteilige Meldung einging war offensichtlich alles in Ordnung.

Es machte mir Freude im Team zu sein.

Gründonnerstag Abfahrt in den Hunsrück

Fortsetzung folgt

© Michael Kessler, 1.11.2004

Bernd Pfanzelter aus Frankfurt/Main über seine Tätigkeit als Fachberater und Statist bei den Dreharbeiten zu HEIMAT 3

Einsatz der HAGH beim Hochwassereinbruch in der Grube Anna im Hunsrück

Von Bernd Pfanzelter, Frankfurt am Main.

Von Lulu erhielten wir den Hilferuf schnellstmöglich zur Grube Anna im Hunsrück zu starten und alles notwendige Material für eine Befahrung unter widrigsten Verhältnissen mitzubringen.

Im Vorfeld erfuhren wir noch, dass es in dem Stollen, der direkt hinter der Baustelle des geplanten Museums, von welchem Lulu Bauleiterin ist, ein Hochwasserunglück gab. Zum Einen ist wohl im darüber liegenden Ort Schabbach ein Schacht oder Erdfall aufgetreten, der inzwischen bereits mit Beton wieder verfüllt wird, zum Anderen sprengten gewaltige Wassermassen das Tor des Stolleneingangs im Tal aus den Verankerungen. Die Wucht des Wassers zerstörte die Holzbrücke über den, vor dem Stolleneingang gelegenen Bach, und schmetterte eine abgerissene Brückenhälfte in zwei benachbarte Baucontainer, welche zertrümmert wurden und die Böschung hinunter ins Bachbett rutschten.

In der Kürze der Zeit starteten Yvonne und ich von Frankfurt aus vollgepackt mit Seilmaterial, Schachtausrüstung aber auch Neoprenanzügen. Weiterhin konnten wir noch Michael und Marc erreichen, die von Diez aus losfuhren.

Knapp eine Stunde später kamen wir über "Simmern" und "Gehlweiler" fast gleichzeitig an der Baustelle hinter der "Anzenfeldermühle" an und wurden mit unserem Auto gleich durchgewunken bis vor die zerstörte Brücke zu einem provisorisch aufgebauten Leitstand der Rettungskräfte.

Ein ganz schönes Wirrwarr was wir hier vorfanden! Überall Bauarbeiter bei Aufräumarbeiten, Feuerwehrleute und Männer vom THW, die wie fleißige Ameisen herum wieselten. Gerade wurde per Kranwagen die abgerissene Brückenhälfte hinter dem Leitstand abgesetzt, die abgerutschten und teilweise recht ordentlich eingedrückten Baucontainer standen bereits wieder am Rande der Baustelle auf ebenem Boden. Schon kam der Einsatzleiter auf uns zu gehetzt und wies uns detailliert in das Geschehen ein. Das Stollenportal hatte bisher noch niemand betreten und es sollte unsere Aufgabe sein hier zu untersuchen wie groß die angerichteten Schäden im Grubeninnern sind und ob die im Stollen gelagerten Container noch unzerstört sind. Aus dem Portal floß nicht mehr sehr viel Wasser, ein eher müdes Bächlein quoll daraus hervor. Um sicher zu gehen beschlossen Michael und ich jedoch vorsorglich unsere Neoprenausrüstung anzulegen, Yvonne sollte am Leitstand mit uns dann später im Kontakt bleiben und Marc war ja sowieso nur als Fahrbegleitung mitgekommen.

Als wir komplett ausgestattet waren, mußten Michael und ich zunächst durch den Bach zur abgerissenen Brückenhälfte stapfen. Der Brückenboden lag unten im Bach und stieg gut 45 Grad ansteigend den Hang zum Stollenportal an, wir kamen auf den nassen, rutschigen Holzbohlen kaum hinauf und befestigten oben angekommen zunächst mal ein Speleoseil, zogen es hinunter bis auf die andere Bachseite, um somit am sicheren Fixseil aufsteigen zu können. Hinter dem Leitstand erhielten wir zunächst vom Einsatzleiter eine Mini- Sondenkamera und Sprechfunkverbindung mit jede Menge Kabel, dies sollten wir unbedingt mitnehmen, um aus Sicherheitsgründen immer mit dem Außenleitstand in Verbindung bleiben.

Yvonne holte gerade Ihre Ausrüstung aus unserem Auto, da kam schon Lulu herangebraust. Yvonne verschwand mit ihr in einem der Baucontainer und kleidete sie mit ihrer Ausrüstung ein. Zum Glück war Lulu in Yvonne's Größe und zudem sehr schmal, so dass auch Yvonnes Neoprenanzug eher zu groß als zu klein ausfiel. Wenige Minuten später war Lulu dann fertig und wir konnten uns zu dritt auf den Weg machen. Michael ging, die Kabel abrollend voraus. Ich ließ Lulu am Seilgeländer zum Stollenportal vorausgehen, um sie, falls sie abrutschen sollte, von hinten aufzufangen und so verschwanden wir nacheinander im Dunkel des Grubeneinstieges....

"DANKE"....."KLAPPE 2, die erste....; Eine machen wir noch" erschallte es von Edgar Reitz, dem Produzenten. Die Kamera schwenkte in Ausgangsposition zurück und die kurze Szene sollten wir nun nochmals wiederholen. Lulu, im wahren Leben mit Namen: Nicola Schössler, eine der Hauptdarstellerinnen des ARD 6-Teilers – "Heimat3", verschwand wieder in ihrem Baucontainer und auch die Statisten in Form einer Bauarbeiterkolonne schleppten den gerade aus dem Bach geborgenen Holzbalken abermals wieder zurück ins Wasser. Einsatzleiter, Schauspieler und Yvonne wieder hinter dem Leitstand in Stellung, Michael und ich wieder runter in den Bach ...

Nun wir wiederholten diese Szene, noch schnell, alles lief glatt und eigentlich hätten wir jetzt, so gegen 13 Uhr Feierabend gehabt ... Tja hätten wir, wäre da nicht Yvonne und unser Auto. Aber beginnen wir ganz von vorne: Wenige Tage vor unserem Drehtermin erhielt ich nämlich nachstehende eMail:

Von: Regine Meldt <...>
An:
Betreff: Filmproduktion sucht Höhlenforscher!
Sehr geehrter Herr Pfanzelter,
die Edgar Reitz Filmproduktion dreht zur Zeit den ARD-Sechsteiler HEIMAT 3 von Edgar Reitz - eine internationale Coproduktion, die Weihnachten 2004 im Ersten ausgestrahlt wird. Infos finden Sie unter www.heimat3.de!
Nun suchen wir für nächsten Mittwoch 2 - 3 Höhlenforscher, die bei uns in einer Szene mitspielen. Außerdem bräuchten wir eine fachliche Beratung: es findet eine Überschwemmung in einem Stollen statt! Könnten Sie uns weiterhelfen. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mich unter 06761 90xxxxx schnellstmöglich anrufen würden. Es eilt. Mit den besten Grüßen
Regine Meldt

Erst einmal war ich skeptisch – Will mich da einer veräppeln? Egal ich ruf mal an. Wie sich dann sogleich am Telefon herausstellte war es kein Gag sonder echt und die Fernsehproduktion war schon aufgrund mangelnder Höhlenforscher-Statisten am verzweifeln. Laut Produktionsfirma sollten eigentlich Höhlenforscher aus Karlsruhe zugesagt haben, die aber kurzfristig ausfielen.

(Vielleicht hatten die ja auch keine Lust mehr oder die typischen Probleme mit: ich bezeichne es mal als "traditionelle, konservative Vereinsgeheimnisträger oder Vorsitzende" genannt, die auch heute noch Ängste wie bei einer Hexenverfolgung haben. Könnte ja was völlig unseriöses sein und dann lästert die Handvoll gleichartiger Höhlenmonarchen in Deutschland über uns. Und och je ... nachher übt noch jemand Kritik und dann müssen wir uns in unser Schneckenhäuschen verkriechen...)

Warum aber nicht? Was soll's, wenn einer merkt, dass man kaum in Sprechfunkverbindung, oder mit 50 Meter Kabel, 1000 Meter vom Stolleneingang entfernt mit dem Leitstand in Kameraverbindung stehen kann? Es gibt dann bestimmt eine Handvoll Höhlenforscher die irgend etwas zum ablästern findet (und ganz bestimmt auch einige die fast kotzen, wenn sie uns auch noch im Weihnachtsprogramm sehen und ertragen müssen – was mir wiederum gefällt 😉 ) Zudem sprangen bei der Sache ein Fahrkostenerstattung von 120 Euro und eine Spende an unseren Förderverein in Höhe von 500 Euro an – ist doch auch ein netter Grund. Außerdem: wenn wir das nicht machen findet sich garantiert ein Anderer dafür – warum also sollen wir absagen? Für unsere schon als oppositionell zu bezeichnende HAGH stellte das somit kein Problem dar und nach kurzer Umfrage nach Mitstreitern sagte ich zu. Es gab sogar einige mehr, doch leider war der sehr kurzfristige Termin mitten in der Woche recht ungeeignet und dann wurde der ganze Einsatz auch noch von Mittwoch auf Donnerstag verschoben!

Wie vereinbart trafen wir dann um 9 Uhr 30 am Drehort, der Anzenfeldermühle, eigentlich eine Schreinerei, ein. Hinter der Mühle war rein als Filmkulisse die besagte Museumsbaustelle errichtet. Sogar ein großes Schild auf dem das Bauobjekt beschrieben wird, war hier angebracht – Alles wie in der Realität.
In einem Seitenbau waren Tische und Bänke aufgebaut und ein einsamer Produktionshelfer war damit beschäftigt bergeweise Frühstücksbrötchen, Stückchen, Kaffe, Tee, Getränkekisten, Becher ... und, und ... aufzufahren.

Ansonsten war überhaupt noch niemand vor Ort! Also lungerten wir erst einmal auf einer Bank in der Sonne herum und stopften uns mit Schokobrötchen, Stückchen und Kaffee voll. Irgendwann zwischen halb 11 und 11 trafen dann Produktionsleute, Statisten und Schauspieler ein und der Regisseur Edgar Reitz sprach mit uns kurz durch was wir für Aufgaben hatten. Gerade hatten wir uns geeinigt, dass Michael und ich die Höhlenausrüstung anlegen, da kam schon eine Produktionstante angestürmt. Sie forderte uns auf unbedingt sofort und unumgänglich zur Vor-Ort-Besprechung zu kommen und ließ uns nicht mal Zeit die komplette Ausrüstung anzulegen. Also da dann hingehetzt, nur um wieder Ewigkeiten zu warten bis der Baggerfahrer den Kamerakran an seine geeignete Position gekarrt hat.

Der Regisseur hatte zudem auf der schwarzen Heckscheibe unseres Kombis den leuchtend weißen "Höhlenkundliche Arbeitsgruppe – Hessen" Schriftzug gesehen und war davon derartig begeistert, dass Yvonne unbedingt das Auto direkt an den Drehort der nächsten Szenen heranfahren mußte, damit dieser auch mit ins Bild kommt. Aber wie arbeitet man den schönen Schriftzug in den Film ein ...? Hm ..., ein Statist muß her, der während die Szene gedreht wird, die Ausrüstungskiste für die Lulu-Darstellerin aus dem Wagen holt, den Ladeflächendeckel zuschlägt, und im Anschluß an den Einsatz-Leitstand geht. Nochmal: hm ..., kein Statist mehr frei, alles eingespannt, kein "Bauarbeiter" entbehrlich und ..., wieso nicht: nehmen wir doch gleich Yvonne. Und schwupps hatten wir einen HAGH-Darsteller mehr. Yvonne die bei der Szene dann ihren Platz als unsere Fachfrau am Einsatzleiterstand einnahm, mußte dann auch nach der Anfangs beschriebenen Filmszene am Leitstand stehen bleiben und unser Auto mit der schönen Heckscheibenbeschriftung direkt im Bildhintergrund natürlich auch.

Somit verschob sich also unser Feierabend, denn im Anschluß wurde den Rest des Tages, sprich nach einer Mittagspause noch bis etwa 18 Uhr 30 der Leitstand gefilmt, der aus dem Stolleninneren die Berichterstattung erhielt. Diesen sprach "Lulu"" im Hintergrund versteckt, ins Mikro während auf dem Monitor der Einsatzleitung diffuse Bilder flimmerten, die in Wirklichkeit Tage zuvor mit einer Infrarotkamera beim durchlaufen in einem echten Stollen aufgenommen worden waren. Noch zu erwähnen wäre da vielleicht, das unser Eingang der Grube Anna – im Gegensatz zu den verwendeten historischen Originalplänen, die der Produktion ausgeliehen worden waren und aus der Region St. Goarshausen stammten, auch nicht echt, sondern aus einer maximal drei Meter langen Pappmaschee –Attrappe gebaut waren. Das aus dem "Portal" herausquellende Wasser entstammt natürlich einem B-Schlauch der Feuerwehr der mit Tarnnetzen am Bachufer getarnt war. Ja und den Ort Schabbach von dem die Reihe eigentlich handelt, gibt es in der Realität natürlich auch nicht!

Filmgeheimnisse, wie etwa: Wie sah die Hauptdarstellerin in absolut nackter Schönheit beim Anziehen des Neopren-Anzuges aus? Oder, wie kuschelig war es, als wir drei uns in der Seitennische des künstlichen Stolleneingangs hinter einem Beleuchtungsstativ aneinander quetschen mussten, um aus dem Kamerabild im imaginären Stolleninneren zu verschwinden? Nun das behalten wir für uns! Aber abschließend festzustellen ist noch: dass die Verpflegung erstklassig war, durchgehend gab es zu futtern und Getränke ohne Ende.
Ja und die Kohle die wir dafür erhielten ist ja auch nicht schlecht: dafür finden wir bestimmt einen schönen Verwendungszweck

– somit auch mit bestem Dank an die Karlsruher Höfos!!! 😉

(c) Bernd Pfanzelter, 11/2004, erschienen in "HAGH-Hessen-Info" 3/2003; Seite 11-14 - www.hagh.de