Eine der am meisten gestellten bzw. diskutierten Fragen zu HEIMAT ist die nach dem Wechsel von Schwarz-Weiß und Farbe.
Bei der Entstehung von HEIMAT gab es kein festgeschriebenes Konzept für die Verwendung von Schwarz-Weiß- oder Farbmaterial. Grundsätzlich entschieden sich Edgar Reitz und Bildgestalter Gernot Roll, s/w-Material zu verwenden, da sie davon ausgingen, dass Farbe keine wesentliche Bedeutung für die (insbesondere historische) menschliche Erinnerung spiele – denken Sie da z. B. an die alten Wochenschau-Filme, die unser Bild vom „Dritten Reich“ geprägt haben, oder ältere Filmdokumente aus den 20er Jahren usw. – eine reine s/w-Erinnerung! Sie entschieden sich für die Verwendung von Farbmaterial nur in Szenen, in denen Eindrücke vorkommen, von denen sie der Meinung waren, dass die Farbe auch in der Erinnerung eine Rolle spielen würde, z. B. beim glühenden Eisen, dem Fliegenfänger in der Küche, gefärbten Ostereiern, dem roten Postauto, den bei der Ferntrauung aus dem Flugzeug geworfenen roten Nelken oder auch bei Landschaftsaufnahmen.
Gernot Roll hat dies schon vor Ausstrahlung des Films antizipiert und dazu in der Dokumentation „Beständiger Wechsel“ des WDR klargestellt: „Gerade hinsichtlich der Mischung von Schwarz-Weiß und Farbe wird da viel hineininterpretiert werden, was gar nicht so gemeint war. Daran werden sich wahrscheinlich auch die Geister scheiden. (…) Auf alle Fälle wird das ein Thema werden in einer Stärke, wie sie für uns nie vorhanden war. Wir haben uns oft erst am Drehort kurz vor dem Drehen entschieden, machen wir schwarzweiß oder Farbe, oftmals hat dann das reine Gefühl den Ausschlag gegeben, mehr nicht!“
Bei Die zweite Heimat findet man ebenfalls den Wechsel zwischen Schwarz-Weiß und Farbe, hier ist man hingegen einer anderen, in der Tat schematischen Strategie gefolgt: Bei Tageslichtaufnahmen hat man Schwarz-Weiß, und bei Nacht- oder Kunstlicht Farbe verwendet.
Im Rahmen der Vorstellung der digitalisierten Neufassung von Die Zweite Heimat hat Edgar Reitz hierfür eine tiefgehende Erklärung gebracht:
„Schwarz-Weiß ist eine Qualität des Fotografischen. Und das haben wir versucht anzuwenden. In der Filmgeschichte gibt es ja eine wunderbare große Kultur der Schwarz-Weiß-Fotografie. Die klassische Filmgeschichte ist eine Schwarz-Weiß-Geschichte, wenn wir die ignorieren, ignorieren wir einen großen Teil unserer künstlerischen Möglichkeiten. Das Schwarz-Weiß-Bild ist immer ein Bild des Lichtes. Also das was hell ist oder leuchtet auf der Leinwand, ist der Reflex des Lichtes, insbesondere des Tageslichtes. Deswegen haben wir uns entschieden, bei der Zweiten Heimat alles was am Tage spielt in Schwarz-Weiß zu drehen, um immer wieder das Licht des Tagesgestirns, der Sonne, auf den Gesichtern, den Menschen und den Dingen zum Thema werden zu lassen. Die Farbe wiederum ist eine Qualität der Oberflächen. Sie haftet an den Dingen, sie haftet auch an der Haut der Menschen. Die Farbfotografie ist nicht eine Lichtbildfotografie, so wie das im klassischen Schwarz-Weiß der Fall ist, sondern es ist eine Wiedergabe von Atmosphären und Qualitäten der Oberflächen, insbesondere der Haut. Die Haut der Menschen, die Oberfläche, wird zum Thema des Farbfilms. Im Farbfilm spielt die Oberfläche der Dinge eine viel größere Rolle, und deswegen habe ich auch meine ganze ästhetische Theorie darauf aufgebaut, dass ich sage, Film ist die Kunst der Oberflächen, und durch die Oberflächen hindurch sichtbar zu machen, was darunter liegt. Die tiefen Schichten sind das Geheimnis der Oberflächen.“