Informationen rund um die HEIMAT-Trilogie von Edgar Reitz

Filmstunde 23 – Neues Dokumentarfilmprojekt von Edgar Reitz

„Der Unterricht war lohnend, weil er wie der Musik- oder Kunstunterricht eine vertiefte, persönliche Beziehung, aber auch ein sich Erarbeiten der filmsprachlichen Ausdrucksweisen zur Voraussetzung hatte. Insofern ist es auch heute noch spannend, zu verfolgen, wie die jungen Damen, die vom Filmemacher ausgewählt und betreut, sich anschickten, in der universal verständlichen Filmsprache auf ein großes Ziel zuzusteuern. Edgar Reitz gelang es meisterlich, seine Protagonistinnen sechzehn Schulstunden lang für das gemeinsame Schaffen zu begeistern, zu aktivieren, herauszufordern und ermutigte sie, sich mit dem ihnen eigenen Talent in der großen „außerparlamentarischen“ Diskussion mit einer Fülle von selbst geschaffenen Kurzfilmen zu Wort zu melden. Die so entstandenen 26 Dokumente des Gelingens dieser Arbeiten, sollten als filmische Botschaften ernst genommen (…) werden.“1

1968 führte Edgar Reitz am Münchener Luisengymnasium in der 8. Klasse seiner Tochter Susanne einen Projektunterricht zum Thema Film durch – begleitet von den Kameras des Bayerischen Rundfunkfunks, die die Arbeit des damaligen Lehrers an der 1963 von ihm mitgegründeten ersten Filmschule der Bundesrepublik, dem Institut für Filmgestaltung an der HfG Ulm, unter dem Titel Filmstunde dokumentierten. Der Unterricht umfasste 16 Schulstunden und zusätzliche Gruppenstunden, in denen unter Reitz‘ Anleitung Filmthemen entwickelt und zugleich formales und technisches Wissen erworben wurde.

Bei einem Theaterbesuch sprach kürzlich eine der damaligen Schülerinnen Reitz auf das Projekt vor 55 Jahren an. Sie wusste zu berichten, dass die damaligen Klassenkameradinnen – inzwischen über 70 Jahre alt – sich bis heute weiterhin treffen und sich dabei auch über die seinem Einfluss zu verdankende Filmleidenschaft austauschen. „Nach der Begegnung mit seiner ehemaligen Schülerin ging Edgar Reitz auf die Suche: In Archiven fand er die vor 55 Jahren gedrehten und unversehrt gebliebenen Super-8-Filme, er ließ sie digitalisieren und zeigte sie im April bei einem Klassentreffen in München. Davon wird Reitz‘ neuer Film auch erzählen, von den ersten filmischen Ausdrucksversuchen junger Mädchen, der Wiederbegegnung mit dem Lehrer von damals und dem Erwachen einer lebenslangen Kinoliebe.“2 Das Treffen fand in den Räumen des Kulturzentrums Raum für Eigenleben in der Kurfüstenstr. in München statt.

Produziert von if… productions und im Auftrag des br wurde diese Begegnung dokumentiert, derzeit sitzt Reitz mit seinem Team im Schneideraum, sichtet und montiert das Film- und Bildmaterial. Der dabei entstehende Dokumentarfilm wird unter dem Titel Filmstunde 23 voraussichtlich im Herbst zu sehen sein.

Das Projekt entsteht auch auf der Basis Reitz‘ langjähriger Bemühungen, Filmbildung als festes Schulfach zu etablieren. Ein Interesse, das angesichts der heutigen Medienkonsumgewohnheiten insbesondere der jüngeren Generationen, die den heutigen Bilderfluten besonders in den sozialen Medien in der Regel mit einer Art filmischen Analphabetismus gegenüberstehen, .

Filmstunde 23: Edgar Reitz umgeben von ehemaligen Schülerinnen des Luisengymnasiums beim Sichten des 1968 entstandenen Filmmaterials © Edgar Reitz Filmstiftung
Fußnoten
  1. zit. nach Albert Ottenbacher, Film-Stunden, online unter www.albert-ottenbacher.de/div/Filmstunden.pdf []
  2. zitiert nach einem Bericht von Josef Grübl in der SZ am 30.5.2023 []