
Zum Tode von Jörg Hube
Als ich Jörg
Hube nach einer Vorstellung seines „Herzkasperl“- Programms in einem Münchener
Kellertheater auf die Rolle des Otto Wohlleben in HEIMAT ansprach, war er sehr
erstaunt. Noch nie hatte ihm jemand die Rolle eines melancholischen Liebhabers
angeboten. Er schaute mir forschend in die Augen und fragte, wie kommen Sie
darauf, in mir diesen Charakter zu erblicken? Ich antwortete, dass ich in seinen
Augen während des gesamten Kabarett-Programms einen Zug von Traurigkeit gespürt
hätte. Jörg war von dieser Feststellung tief gerührt und meinte, dass er immer
gemeint habe, diese Seite seines Wesens gut verbergen zu können. Er sagte mir
noch an diesem Abend zu. – Es muss im September 1980 gewesen sein. Meine
Produktionsleiterin Inge Richter war dabei. Sie kannte Jörg Hube durch einen
Film, den sie vorher produziert hatte. Wir gingen dann zusammen in ein
China-Restaurant, wo ich Jörg die wunderbare Rolle des Otto Wohlleben erklärte.
–
Die
unvergessliche Darstellung von Jörg Hube in Heimat wurde zu einem der
Grundpfeiler des Films. Marita Breuer ist im Spiel mit ihm zur Höchstform
gelangt und es gelangen die Szenen, die bis heute für mich Glücksfälle meiner
Regie-Arbeit geblieben sind: Das Wiedersehen mit Maria, die mit dem Plumeau von
den Schlafzimmern herunterkommt, der erste Händedruck mit seinen Kind
Hermännchen am Küchentisch – und natürlich die Szene von der Explosion des
Blindgängers auf dem Simmerner Güterbahnhof. Das Gesicht von Jörg Hube wird uns
immer in Erinnerung bleiben. Den tiefen Sinn seiner melancholischen Augen erahnt
man jetzt, da wir erfahren, wie kurz die Lebensspanne war, die er mit seiner
überwältigenden Präsenz ausfüllte.
Edgar Reitz
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