Edgar Reitz’s erster Langfilm wurde, fünf Jahre nach dem Oberhausener Manifest und ein Jahr nach Alexander Kluges Abschied von Gestern, bei dem Reitz die Kamera geführt hatte, zu einem der Leuchtfeuer des Neuen deutschen Films. Auf die Frage, ob Reitz mit dem Besturteil „besonders wertvoll“ der Filmbewertungsstelle gerechnet habe, antwortete er in einem Interview selbstbewusst: „Ich möchte unbescheiden antworten: Ich finde das Urteil war richtig, wenn es ein anderes gewesen wäre, hätte ich mich gewehrt.“
Die Uraufführung fand am 21.3.1967 in Münchener Filmtheater am Lenbachplatz statt. Mahlzeiten wurde bei den Filmfestspielen von Venedig 1967 als bestes Erstlingswerk ausgezeichnet.
Inhalt des Films
Elisabeth (Heide Stroh), die 20 Jahre alt ist und eine Fotoschule in Hamburg besucht, lernt den Medizinstudenten Rolf Puschina (Georg Hauke) kennen. Rolf ist Idealist; Elisabeth findet alles interessant, was er macht. Sie begleitet ihn in die Vorlesungen und Präparierkurse. Mit dem Motorrad fahren sie in den Frühling; sie erklettern Strohhaufen; sie liegen im Gras; sie fühlen sich in einer großen, romantischen Liebesgeschichte.
Elisabeth wird schwanger. In einer Mansardenwohnung mit schrägen Wänden richtet sie sich mit Rolf und dem Kind Michael ein und begründet mit ererbten Möbeln eine romantische Ehe. Rolf finanziert das gemeinsame Leben und sein Studium als Werkstudent. Sie sprechen oft über ihre Liebe und ihr Glück; Elisabeth findet solche Gespräche wunderbar. Wenn Elisabeths großer Freundeskreis zu Besuch kommt, erklärt sie auch den anderen das Glück ihrer Ehe. Irina, eine Freundin Elisabeths, glaubt nicht an die Ehe, und wird von Elisabeth freundschaftlich korrigiert.
Elisabeth bekommt ihr zweites Kind. Sie wendet alle Mühe daran, das Liebesglück ihrer Ehe dauerhaft zu etablieren. Obwohl Rolf und Elisabeth glauben, wie im Märchen zu leben, finden sie bald, dass alles gar nicht so einfach ist, zumal als ein drittes Kind unterwegs ist. Rolf, der für sein Studium schon viel Zeit verloren hat, muss nun die Medizin ganz aufgeben. Glücklich ist er so nicht, und eines Tages findet er, dass er einmal allein über alles nachdenken muss. Er verlässt seine Familie mit unbekanntem Reiseziel, aber begleitet von der Versicherung Elisabeths, „dass wir alle immer für dich da sind“.
Kurz vor der Geburt des dritten Kindes kommt Rolf nach Hause zurück, er hat in Rotterdam auf einer Werft als Hilfsarbeiter gearbeitet, von dem verdienten Geld aber nichts sparen können. Während idyllischer Ausflüge auf das Land versucht Elisabeth, Rolf für ihre große Liebesidee zurückzugewinnen. Über Rolfs berufliche Situation wird nicht gesprochen; Elisabeths Vater unterstützt die fünfköpfige Familie finanziell.
„Mann und Weib, ein Leib“, sagt Elisabeth, und Rolf: „Ja, aber doch nicht dauernd“. Als Elisabeth zum viertenmal ein Kind erwartet, gerät sie in Panik. Rolf unternimmt einen Eingriff. Beide sind traurig, und als Elisabeth wieder schwanger wird, unternimmt sie diesmal nichts dagegen. Rolf trägt sein ganzes Leben zu Elisabeth und bekommt dafür Kinder und poetische Gedanken vom Glück.
Während Elisabeth ihr fünftes Kind erwartet, lässt sich Rolf von einer pharmazeutischen Firma als Vertreter einstellen. Auf seinen Reisen freundet er sich mit einem Mädchen namens Ilona an, gibt das Verhältnis aber schnell wieder auf. Seine Tätigkeit muss er schließlich wechseln, weil die Firma Kontaktfreude bei ihm vermisst; er wird Vertreter bei einer Kosmetikfirma.
Ein Besuch mormonischer Missionare begeistert Elisabeth für den Glauben dieser Sekte, denn die Missionare sagen „Gott will, dass wir in dieser Welt glücklich sind“. Auch der Gedanke, einer ganz besonderen, fast exotischen Minorität, einer Elite anzugehören, gefällt ihr. Eines Morgens lassen Elisabeth und Rolf sich in einem Fluss nach mormonischem Ritus taufen.
Rolf ist am Ende. Er fährt mit seinem Volkswagen in eine einsame Waldlichtung und trifft mit unheimlicher Genauigkeit die Vorbereitungen zu seinem Tod, Er begeht Selbstmord, indem er die Auspuffgase in den sorgfältig abgedichteten Wagen leitet. Elisabeth betrauert Rolf so intensiv, wie sie ihn geliebt hat.
Dann öffnet sie sich der Welt der Kunst. In einer Ausstellung lernt sie den zehn Jahre jüngeren Amerikaner Brian Leak kennen. Nach einer romantischen Hochzeitsfeier in einer Sommernacht emigriert Elisabeth mit ihm und ihren fünf Kindern in die Vereinigten Staaten. Sie möchte ein neues Leben anfangen, aber auch nicht auf ihre alten Erfahrungen verzichten. Sie meint, dass all das in Amerika möglich ist.1
Szenenbilder
Mahlzeiten ist Bestandteil der 2009 erschienenen Edition Edgar Reitz – Das Frühwerk. Über jeden der Filme in dieser Edition ist als Extra ein Gespräch zwischen Edgar Reitz und Prof. Thomas Koebner enthalten.
1 Quelle: edgar-reitz.de