Die Heimatdichterin Liesel Franz aus Raversbeuren hat zur Premiere von HEIMAT 3 ein Gedicht verfasst
Ein kleiner Tipp noch zum Verstehen des Hunsrücker Platt: In Zweifelsfällen hilft es, sich selbst das geschriebene Wort laut vorzulesen, ggf. mit unterschiedlichen Betonungen.
Heimat 3 -Premiere 25./26. Sept. 2004
Mit Spannung hon mir ihn erwart,
de Film - die Heimat 3,
am Wocheend war engelad,
Premiere- mirdebei.
Ob Siemere, ob Mainz am Rhein,
Interesse war recht groß,
ger nahm merr do in Aueschein
wat merr noch nit gewußt.
De Mauerfall, dat Frei-mol-senn,
die Wiedersehensfreid.
For ehemols verliebte Leit
begann en nau, froh Zeit.
Gefonn hon se of Hunsrickheeh
en ganz verfalle Haus,
dat bauten se mit Ossis Hilf
zu enem Schmuckstick aus.
De weite Blick zum schiene Rhein
reizvoll zu alle Zeire,
bei Daach un oach bei Mondesschein
genieße ihn die Leire.
Clarissa un det Herrmännche
se hon in gastfrei Haus,
un wenn die zwee mol sin deheem
giehn Freunde enn un aus.
Se sin en wahres Künstlerpaar,
de Herrmann dirigiert
Orchester - während dem sei Fraa
mit ihrer Stimm präliiert.
Herrmann geniert zum Simon - Clan,
do giehts als menschlich zu,
de Anton hot demeest se sahn,
die ann' re genn ke Ruh.
En jeder reit' sei Steckeperd,
de Ernst hängt voll mit Kunst,
do kimmt so manches ihm verquert,
sei Plane wer'n verhundst.
De Matko, technich intressiert,
der dut ihm arg gefalle,
en Tante oach noch existiert,
die dut die Stang ihm halle.
Det Lenche un de Rudi Molz,
padente Wirtshausleit,
se sin aus nähmlich gurem Holz
un immer dienstbereit.
Weltmeesterschaft im Fußballspiel,
die Sonnefinsternis,
dat Wichdiche in de zehn Johr
wird in dem Film umriss'.
Die Russlanddeitsche hei zu Land,
die komme oach zu Wort,
die eene finne leicht sich renn,
bei ann're et rumort.
Vom Lewe, Sterwe is die Reed,
von Umweltschutz un Friire,
Gefängnis is nit ausgeschloss',
de Film hot viel se biere.
Watt Edgar Reiz sich ausgedacht,
dat hot schon Hand un Fuß,
ger hot merr dobei mitgemach,
trotz Mieh oach en Genuss.
So vieles schwingt do mit erinn,
un riehrt an det Gemiet,
en kleene Umriss konn'ts nur senn
mit Wunsch of Appedit.
Liesel Franz
Christel Schäfer aus Ellern über ihre Rolle als Lenchen Molz
Heimat 3 „Chronik einer Zeitenwende" Film in 6 Teilen von Edgar Reitz. Ich war dabei!!
von Christel Schäfer, Junge Bühne Ellern (auf dem Bild mit dem realen Vorbild ihrer Rolle, Marga Molz, zu sehen).
Im Frühjahr 2001 ging es durch die Medien, Edgar Reitz dreht die dritte Staffel von Heimat. In diesen Filmen als Komparse mitzuwirken, oder gar eine kleine Rolle zu bekommen, wäre ein Traum. Als wir im Sommer auf dem Pütz Theater spielten, war Edgar Reitz anwesend um sich Hunsrücker Laien-Darsteller anzusehen. Im November 2001 schickten wir von der Jungen Bühne unsere Daten und jeder sei Foto an die Edgar Reitz Film ab, in der Hoffnung erhört zu werden.
Im Januar 2002 feierte ich meinen 60. Geburtstag. Anfang Februar 2002, (ich glaubte schon nicht mehr an eine Chance) wurde ich zum Kasting zu Edgar Reitz eingeladen. Ich hatte keine Vorstellung was mich bei diesem Kasting erwartet und um was es geht. Edgar Reitz begrüßte mich sehr freundlich. Er sagte mir, ich warte noch auf einen männlichen Darsteller. Dieser hieß Berthold Korner, war Schauspieler aus Freiburg. Als er eintraf, erzählte uns Edgar Reitz die Geschichte von Rudi und Lenchen, dem Gastwirt-Ehepaar aus Schabbach, wozu er heute die Darsteller zu finden hoffe.
Die Geschichte von Rudi und Lenchen ist in Wirklichkeit die Geschichte von dem Gastwirt-Ehepaar Rudi und Marga Molz aus Woppenroth.Wir mussten uns nun eine kleine Szene einprägen und Edgar Reitz vorspielen. Es klappte gut! Ich lernte meine ersten Lektionen: 1 .)Niemals in die Kamera sehen!! 2.) Nicht so laut reden wie beim Theater!! 3.) Versprecher sind erlaubt, weil Wiederholung möglich!! Wir mussten alles 3 oder 4 mal wiederholen, anschließend wurden Fotos gemacht, (ich wurde immer verspannter) wir sprachen noch über unseren Hunsrücker Dialekt und alles war mit dem Satz vorbei: „ Sie bekommen Bescheid!!" Nach mir kamen noch zwei Bewerberinnen.
Am nächsten Tag kam der Anruf von der Leiterin der Statisterie von Heimat 3 Helma Hammen. Sie sagte nur einen Satz : „SIE SIND DAS LENCHEN IN HEIMAT 3". Meine Gefühle fuhren Achterbahn!!! Ich spiele das Lenchen in Heimat 3, ich konnte mein Glück nicht fassen. Rudi wird von Berthold Korner gespielt. Wir beide hatten Edgar Reitz überzeugt, einfach toll!! Nun bekam ich einen Darsteller-Vertrag über 15 Drehtage. „ Unglaublich!!" Als nächstes wurde ich für die Rolle eingekleidet. Die Kleidung schien mir ein wenig altmodisch, aber Ich war ja nicht Ich, sondern Lenchen!!
Die Drehbücher wurden mir zugeschickt. Ich vertiefte mich in Heimat3 und meine Rolle als Lenchen. Am 12. April 2002 ging es los!! Mein erster Drehtag!! Zuerst ankleiden, dann in die Maske, dann!! Lektion Nr. 4 : Geduldig warten auf den Einsatz!! Endlich war es soweit!! Mit über 500 Komparsen wurde eine Friedensdemo mit Menschenkette gedreht. Ich war total beeindruckt welche Ruhe Edgar Reitz auch nach der 6., 7. und 8. Klappe noch ausstrahlte. Wir waren alle total durchfroren, denn auch das letzte Licht vom Abendrot musste ausgenutzt werden. (Im Film ist diese Szene sehr beeindruckend.) Ich machte mir zum ersten mal ein Bild davon, welch harte Arbeit das Team, Beleuchter, Kamera, Ton usw. leisten müssen. Bei meinem 2.und 3. Drehtag im Gasthaus Molz, (ich war nicht mehr ganz so aufgeregt) konnte ich die Spontaneität von Edgar Reitz erleben. Nachdem unser Pensum aus dem Drehbuch abgedreht war, sagte er, wir drehen noch eine kleine Szene! Er erklärte uns was er meinte! Wir formten den Text dazu ! Die Kamera und das Licht wurden eingerichtet und schon ging es los! 1. Probe, 2. Probe, wir drehen! Ton ab, Ton läuft, und Bitte!! Es klappte fast auf Anhieb. Ich habe diese spontanen Szenen, die ich sehr oft erleben durfte, ganz besonders geliebt.
Im Drehbuch ist der Dialekt nur angedeutet, Edgar Reitz gab mir viel Freiheit es in meine Worte zu fassen. Unser Hunsrücker Dialekt! Wir sprechen ihn nicht nur, wir fühlen ihn, er ist Teil unserer Lebensart. Ich finde er ist die Seele in allen Heimat Filmen, genauso wie unsere wunderschöne Landschaft. Ich denke das ist auch der Grund, warum Edgar Reitz mit Hunsrücker Amateuren arbeitet.
Vom 18. Juli bis zum 2. August 2002 wurde die Einweihung des Günderode-Hauses in Oberwesel gedreht. Dieses Haus steht wirklich am schönsten Platz über dem Rhein, es ist der eigentliche Star in Heimat 3. 10 Drehtage und einige Nächte. Fast alle Darsteller waren dafür anwesend. Nun wurde mir erst richtig bewusst, welches Glück ich habe, Lenchen sein zu dürfen. Jeder Profi-Schauspieler würde Gott weiß was tun um bei Edgar Reitz zu spielen. Und ich war dabei!! Mittlerweile war ich mit der Regiearbeit von Edgar Reitz sehr vertraut. Er war öfters angespannt! kein Wunder!! Aber manchmal gab es Momente in denen er alles vergas und uns Geschichten (Stickelcher) erzählte, dann hörten wir begeistert zu. Er ist ein wunderbarer Erzähler! Für mich waren dies Momente die schönsten.
Die Dreharbeiten waren für mich zur Freude geworden, ich setzte mich nicht mehr selber unter Druck. Edgar Reitz führte eine strenge Regie, er lobte nicht. Aber wenn er sagte, es ist gut, dann war es gut. In dieses Gefühl ließ ich mich wie in eine Hängematte fallen. Bis zum Schluß fühlte ich mich wunderbar getragen. Nach diesen zwei Wochen war ich total geschafft, aber glücklich. Ich fragte mich, wo nimmt dieser Mann und das ganze Team, die Kraft her, so hart zu arbeiten.
Als nächstes drehten wir auf dem Flugplatz Hahn, im Dom zu Ravengiersburg, das Fußballspiel des F.C. Schabbach, 2 Tage Beerdigung des Anton Simon und schließlich im November 2002 Weihnachten in Schabbach mit künstlichen Schnee. Aus 15 Drehtagen, waren jetzt schon 21 geworden und ein Ende war nicht abzusehen. Berthold und ich waren ein sehr gutes Team geworden. Im Mai 2003, der Raps blühte wunderbar, wurden vor dem Zwillingsbaum bei Schabbach die Fotos von der Goldhochzeit von Rudi und Lechen gemacht. Dieser Baum symbolisiert zwei Menschen die nach langen Jahren zu einer Krone verwachsen sind. Rudi und Lenchen verkörpern in Heimat 3 die Liebe und das Beständige in unserer schnelllebigen Zeit.
Dann stirbt Rudi, wird in der Gaststube aufgebahrt und dann beerdigt. Mit großer Trauergemeinde, Blasmusik, vielen Blumen und ich muß als Witwe Lenchen, diese furchtbare Trauer darstellen. Es hat mich sehr viel Kraft gekostet, aber ich habe es geschafft, darauf bin ich besonders stolz.
Vom 2. bis 4. Oktober 2003 wurde im Günderode-Haus Silvester 2000 gedreht. Ich war als Witwe in schwarz dabei. Am 4. Oktober 2003 um fünf Uhr morgens war mein letzter Drehtag beendet. Ich war glücklich und traurig zugleich !
Diese zwei Jahre mit insgesamt 30 Drehtagen bei Heimat 3 , mit Edgar Reitz, Berthold Korner, den Hunsrücker Amateur-Darstellern, den bekannten Schauspielern und wunderbaren Team, waren etwas ganz besonderes in meinem Leben. Ich bin froh und dankbar, dass ich das Lenchen sein durfte und wohl auch bleiben werde.
© Christel Schäfer 2005, erschienen in "Vorhang auf!" (Zeitschrift des Bundes Deutscher Amateur-Theater (BDAT)) 4/2004, S. 24-26.
Ingo Lang aus Rheinböllen über seine Rolle als Lothar Welt
Heimat 3, wie es für mich war.
Als Hunsrücker und Heimat-Fan verfolgte ich die Berichte, die über Edgar Reitz in der Zeitung zu lesen waren. Seine Bemühungen um die Finanzierung und die Realisierung der 3. und letzten Staffel der Heimat-Trilogie. In Heimat 1 durfte ich als Statist mitspielen. Als steinewerfender Jugendlicher und als Flugschüler hatte ich Spaß an der Sache gefunden und ich hegte, als die Vorbereitungen zur "Heimat 3" begannen, die leise Hoffnung man könnte vielleicht auch mich brauchen. Mein Vater hatte Bilder und Beschreibungen von Interessierten unserer Theatergruppe zusammengestellt und bei der Filmproduktion abgegeben.
Edgar Reitz und Robert Busch besuchten Hunsrücker Theatergruppen bei ihren Theateraufführungen um Leute zu "entdecken". Wir spielten in diesem Jahr unser Jubiläumsstück "Theater, nix als Theater" und hatten praktisch alle Spielerinnen und Spieler auf der Bühne. 40 Jahre studio 61 wurde gefeiert – ohne meinen Vater Arno Lang, der im Sommer starb. Häufig hatte er Kontakt zu Edgar Reitz und ist mit ihm über den Hunsrück gezogen, um das Seinige zu tun, die letzte Heimat Staffel zu realisieren. Die "Heimat 3" hätte ihm wohl sehr viel Spaß gemacht.
Zu einer dieser Aufführungen kam Helma Hammen als Vertretung für Edgar Reitz der schon fest in den Vorbereitung für den Film war und keine Zeit hatte selbst zu kommen. Helma übernahm in der Produktion das Casting der Hunsrücker Laiendarsteller und Komparsen.
Ich führte damals Regie beim unserem Stück "Theater, nix als Theater" und spielte daher selbst nicht mit. Helma saß in der 1. Reihe und machte ihre Notizen, verriet aber zu Recht nicht wen oder was sie notierte. Da wir auch ein Video dieses Stückes anfertigen ließen, bat man uns, das doch bei der Produktion abzugeben. Kurz nach Weihnachten 2001 gab ich das Video beim Forsthaus in Riesweiler ab. Gerne hätte ich mit Robert Busch oder mit Edgar Reitz gesprochen, aber die waren nicht da.
Einige Tage später im Januar 2002 rief ich bei der Produktion an um zu hören, welchen Eindruck das Video gemacht hatte und hatte Franz Bauer am Apparat, der genauso klang wie damals bei den Dreharbeiten zu Heimat 1. Wir erkannten uns nach 20 Jahren auf Anhieb. Franz Bauer war damals bei den Dreharbeiten zur Heimat 1 und in den Teilen 1 – 4 der Heimat 3, der Ausstatter. Ein bayrisches Urgestein, den jeder mochte. Doch er konnte nicht sagen, wie das Video bei Edgar oder Robert ankam.
Irgendwann Ende Januar rief mich dann Robert Busch an, um einen Termin zu machen. Wir vereinbarten, uns bei mir zu treffen, wenn möglich auch mit Birgit Nitze, ebenfalls ein Mitglied unserer Theatergruppe. Birgit Nitze befand sich gerade auf einer Urlaubsreise, was sie maßlos ärgerte, da sie ausgerechnet, an diesem Termin nicht da sein konnte. Auch sie wünschte sich sehr beim Film mitmachen zu dürfen und sah es nun als verloren an.
Es kamen Edgar Reitz und Thomas Mauch (Kameramann in den Teilen 1 – 4) Beide waren auf der Durchreise nach München. Edgar beschrieb ganz kurz den Inhalt der Folgen und die Rolle Lothar Welt für die er jemanden suchte. Lothar Welt ist Möbelfabrikant und einer der Schwiegersöhne Antons. Meine Frau und ich hätten Edgar stundenlang zuhören können, wie er so enthusiastisch, und lebendig erzählte. Das machte uns bei den Dreharbeiten auch immer besondere Freude, wenn er in den Drehpausen erzählte. Man hing an seinen Lippen und folgte seinen Erzählungen.
So schnell wie die Beiden kamen, so schnell waren sie auch schon wieder verschwunden. Das war dann für einige Zeit, das Letzte was ich hörte. Es war Mitte Februar als Helma anrief und uns, Birgit und mich zu einem Casting nach Riesweiler ins Feuerwehrhaus einlud. Danach wollte man sich entscheiden und uns benachrichtigen.
Als dann am nächsten Tag der erlösende Anruf kam, ich dürfe den Lothar Welt spielen, machte ich Luftsprünge. Die gute Nachricht, Birgit dürfe die Marlies Welt, geborene Simon spielen, durfte ich ebenfalls weiterreichen. Und so war das darstellende Paar für Marlies und Lothar Welt geboren.
Nun fieberte ich dem 1. Drehtag entgegen. Es war der 15.04.2002 und es wurde die Szene aus Teil 1 gedreht, als Hermann seinen Bruder Anton aufsucht, nachdem er gerade wieder zurück auf den Hunsrück gekommen ist. Die ganze Familie ist versammelt. Tags zuvor wurde ich angerufen, ich solle so um 9:30 Uhr im Produktionsbüro sein. Meine Kostümanprobe hatte ich einige Tage vorher schon.
Ich war gerade im Bad, als Robert anrief und mich fragte, wo ich denn sei, alle würden schon auf mich warten. Oh, gleich am ersten Tag bin ich nicht rechtzeitig da und ich hasse Unpünktlichkeit. Wie sich herausstellte hatte man mir den falschen Anfangstermin gegeben. Alle warteten tatsächlich auf mich, Gott, war mir das peinlich. So probten wir das kleine Gespräch zwischen Dieter, Hermann und Lothar. Edgar hatte auch gar nicht viel zu bemäkeln, seine Anmerkung: "Nicht Theaterspielen" sollten wir uns für die ganze Drehzeit in Erinnerung behalten. Die starke Gestik und Bewegung, die beim Theaterspielen angebracht und wichtig ist, ist beim Film, da sie überzogen und künstlich wirkt unnötig. Aber meinen Text hatte ich schön gelernt – es war ja auch nicht so viel – aber mit dem Dialekt hatte ich trotzdem ich ihn ja täglich höre meine Schwierigkeiten. Ich hatte ihn eigentlich nie richtig gelernt. Bei uns zu Hause wurde immer Hochdeutsch gesprochen. Oh je, ich war doch ziemlich aufgeregt. Die Probe war offenbar zu Edgars Zufriedenheit abgelaufen. Dann mussten alle Darsteller das Set verlassen, sich umziehen und sich schminken lassen, während die Technik für den Dreh eingestellt wurde. Die Szene wurde in mehrere kleine Stücke aufgeteilt, damit die Kamera immer andere Perspektiven machen konnte. So wurde immer ein wenig gespielt, dann die Technik für die neue Perspektive eingerichtet und das nächste Stückchen bzw. das Gleiche erst mit Proben, dann mit der Aufnahme umgesetzt.
Der erste Drehtag ging für uns mit vielen Proben zu kleinen Szenen und Pausen und schließlich den Aufzeichnungen bis zum Abend. Jetzt wussten wir, was in etwa auf uns zukommen sollte. Laut Plan sah alles so leicht aus, aber was das für ein Aufwand, das hätten wir uns nicht so vorgestellt. Es waren zwei Tage Dreh mit der kompletten Familie geplant. Zwei Tage die im Film vielleicht 3 Minuten dauern.
Unsere Tage im Sommer 2002, ich glaube es waren vier, am Günderrodehaus ließen uns wieder so richtig in die eigene Atmosphäre des Films eintauchen. Es war wunderbares Wetter und es sollte die Hauseinweihung gefeiert werden. Die ganze Familie war anwesend. Lothar und Marlies Welt kamen mit Hartmut in seinem alten Horch zum Fest. Die Ankunftsszene war eine der ersten die an diesem Tage gedreht werden sollte. Hartmut, ich rede jetzt mit Rollennamen, sollte den Weinbergsweg hoch in den Hof um die Kastanie herum fahren und vor dem Haus stehen bleiben. Die Kamera sollte diese Fahrt bis zum Stand des Wagens mitnehmen. Wir haben es gar nicht gemerkt, aber der Wagen blieben nicht stehen, so sehr sich Hartmut auch bemühte, er bekam den Wagen nicht zum stehen. Diese alten Fahrzeuge haben wohl ein Eigenleben. Das Standgas war, damit der Oldtimer nicht ausgeht, sehr hoch eingestellt und durch den starken Drehmoment zog der Wagen trotz gezogener Handbremse durch. Erst als das Auto am Haus vorbei und aus Kamerasichtweite Richtung Abhang verschwunden war, blieb er auf den Stufen nach unten stehen. Edgar war wohl etwas erschreckt. Einfach aus dem Bild gefahren. Es muss wohl allen einen Schreck eingejagt haben, schließlich ging es in diese Richtung nur Bergab Richtung Rhein. Ich glaube, die Einzige die das erst überhaupt nicht erfasste war Marlies, sie saß hinten im Wagen und grüßte freundlich.
Es waren vier schöne Tage, die zum Teil bis in den frühen Morgen gingen. Wenn man mehrere Tage dabei war, gehörte man immer deutlich merkbar mehr zum Team als in den ein oder zwei Tagen zwischendurch. Denn ab und an vergingen Wochen bis man mal wieder dran war. Eine lange Zeit, ich freute mich immer wenn Helma anrief und mit uns Termine machte. Die "Drehs" am Günderrodehaus waren schon durch die Umgebung immer sehr schön.
Die Szene "Weihnachtsessen bei Anton" ging der Szene des weihnachtlichten Kirchenbesuchs in Schabbach voraus und wurde Anfang September 2002 gedreht. Der Kirchenbesuch dann im November 2002 bevor es in die tatsächliche Weihnachts-Drehpause im Hunsrück ging. Draußen sommerlich und drinnen in der Villa Anton Weihnachten. Alles war sehr schön geschmückt. Die Familie war fein eingekleidet und traf sich zum Essen. Weihnachten im Sommer, das war schon ein schönes Erlebnis.
Als Schnäppchenjäger der Familie sollte ich mit einer Kiste Angebotssekt beim Fest erscheinen. Ich war schon sehr aufgeregt. Es verunsichert einen schon, wenn die Kamera sich so direkt auf einen konzentriert. Ob man es richtig gespielt hatte, wusste man meistens nicht so genau, da der Edgar nie oder nur sehr selten gesagt hat, dass es OK war. Aber, es hieß: "Wenn der Edgar nichts sagt, ist es schon richtig gewesen" Sollte es ja eigentlich auch, denn sonst wäre es noch einmal gemacht worden. Aber ein Zweifel blieb immer, denn die Möglichkeit die Szene dem Schnitt zu opfern blieb ja noch.
Sehr beeindruckend war auch der "Dreh" zu Antons Beerdigung, die im November 2002 in Sargenroth auf dem Friedhof inszeniert wurde. Es war fürchterlich kalt, ein eisiger Wind ließ die Beerdigungsgesellschaft frieren. Diese Beerdigungsszene gehört in den 4. Teil und war für uns so ergreifend, das die Tränen echt waren, die den meisten in den Augen oder bei anderen tatsächlich liefen. Es waren zwei Tage die mit sehr vielen Leuten gedreht wurden. Entsprechen war auch Kostüm und Maskenaufwand. Für diese Vorbereitungen wurde die Gemeindehalle in Sargenroth genutzt.
Ach, da fällt mir noch etwas Nettes ein. Die Kamera stand in Richtung Friedhofseingang. "Schnüßchen" kommt an, die Kamera schwenkt an den Trauergästen vorbei an der Friedhofmauer entlang. Ja, ich glaube die Sequenz ist es gewesen, als Edgar rief: "Was geht denn da für ein Hut"? Alles um den Friedhof war abgesperrt, aber einer hatte sich wohl durchgemogelt und ging am Friedhof außen vorbei. Alles was wir sehen konnten war ein Hut der oben an der Mauer entlang wanderte. Sah aus wie im Comic.
Nun, ich wollte jetzt hier nicht jeden Drehtag wiedergeben, habe ich auch nicht, sondern lediglich einen kleinen Einblick geben, wie ich die Sache erlebt und empfunden habe. Es waren für mich Tage auf die ich mich immer sehr gefreut habe, die mir sehr großen Spaß gemacht haben und die ich in Erinnerung halten werde.
Über diese Drehtage haben sich Kontakte mit anderen Theatergruppen ergeben und gefestigt, die man vorher nicht hatte. Edgar hat mit diesem Film die Theatergruppen im Hunsrück näher zusammen gerückt. So gibt es immer mal wieder Treffen der Hunsrücker Beteiligten.
Ein netter Kontakt besteht bei den Darstellern der Kinder Antons (Hartmut, Dieter, Gisela, Helga und Marlies) mit ihren Partnern. Wir treffen uns alle paar Monate und freuen uns auf unser Wiedersehen.
Wir waren alle sehr gespannt auf die Premiere in Mainz, zu der wir eingeladen waren. Da stellt sich die Frage: "Wie sieht man sich im Film"? Es war schon irgendwie eigenartig sich auf der Leinwand zu sehen, aber die Unruhe die andere aus dem Darstellerteam hatten, empfand ich eigentlich nicht. Natürlich war ich gespannt darauf, was übrig geblieben ist von den Szenen in denen ich vorkam und wie es wirkte. Und ich muss mich wundern, wie viel von den Einstellungen in denen ich im Bild war und auch noch etwas sagen durfte nicht herausgeschnitten wurden. Nun, ich für meinen Teil kann sagen, das mir sehr viel Ähnlichkeiten mit mir und meinem Vater aufgefallen sind, das der Text besser zu verstehen war als ich glaubte, weil der Toningenieur bei den Aufnahmen des Öfteren nicht so begeistert schien. Den Hunsrückern wird es auffallen, dass mein Dialekt nicht perfekt ist. Aber sonst, war ich mit mir zufrieden. Sicherlich würde ich versuchen heute, nachdem ich den Film gesehen habe, das ein oder andere anders zu machen, aber es ist wie es ist und die Regie hat ja immer ein Wörtchen mitzureden und war wohl auch zufrieden.
Alles in allem stellte sich für mich die Frage: "Warum hast Du so was nicht zu Deinem Beruf gemacht"? Aber, für uns als Amateure war es etwas Besonderes, ganz anders als bei den Profis für die das alltägliches Geschäft ist.
Edgar hat einmal gesagt, er sähe uns immer so gerne, weil bei uns so die Augen glänzen. Und, ich glaube er hatte Recht
Gäbe es eine Heimat 4, wir wären wieder dabei. Mit dem gleichen Enthusiasmus und der Freude, die wir bei diesem Projekt mitgebracht haben.
Ingo Lang
© Ingo Lang 2005, erschienen in "Vorhang auf!" (Zeitschrift des Bundes Deutscher Amateur-Theater (BDAT)) 4/2004, S. 22-24.
Homepage der Theatergruppe Studio 61, Rheinböllen