Informationen rund um die HEIMAT-Trilogie von Edgar Reitz

Geschichtlicher Hintergrund

Die andere Heimat spielt in der Mitte des 19.Jahrhunderts, in einer Zeit, die für die Bevölkerung des Hunsrück von großen politischen und ökonomischen Unruhen geprägt war. Werfen wir einen Blick in die Geschichte des Hunsrück in dieser Zeit:

Franzosenzeit
Als Folge der Französischen Revolution und der Machtübernahme Napoleons eroberte das französische Militär 1792 erneut die Gebiete westlich des Rheins und annektierte sie in der Franzosenzeit für Frankreich. Nach der Niederlage Napoleons bei Waterloo fiel der größte Teil des Hunsrück durch die Neuaufteilung durch den Wiener Kongress 1815 als Rheinprovinz an Preußen. Teile des heutigen Landkreises Birkenfeld und des nördlichen Saarlands gehörten bis 1937 zum oldenburgischen Fürstentum Birkenfeld.


Preußenzeit und Auswanderung
Die wirtschaftliche Lage war auch im Hunsrück in den Jahren von 1815 bis 1845 sehr schlecht. Eine geringe Ernte im Jahre 1815 und das Jahr ohne Sommer 1816 ließen die Getreidepreise rapide steigen, das Jahr 1817 ging als Hungerjahr in die Geschichte ein.
Im September 1822 entsandte die brasilianische Regierung Georg Anton Schäffer nach Deutschland, um Kolonisten und Söldner anzuwerben. Er kam 1823 als Bevollmächtigter des Kaisers Dom Pedro I von Brasilien und besuchte die Hansestädte, sowie Frankfurt am Main und zahlreiche deutsche Höfe. Diese Mission startete die erste große deutsche Auswanderungswelle nach Brasilien. Vor allem Menschen aus dem Hunsrück, den nördlichen und westlichen Teilen des heutigen Saarlandes und der Westpfalz ließen sich von den Agenten Schäffers anwerben.
Die ersten Einwanderer aus dem Hunsrück siedelten sich 1824 im heutigen Bundesstaat Rio Grande do Sul, in der Nähe der Stadt São Leopoldo an. Um 1830 ging die Auswanderung nach Brasilien zunächst zurück.
Die 1840er Jahre waren europaweit durch Teuerung, Missernten und eine gewisse soziale Unruhe geprägt, sodass sich wieder viele Hunsrücker zur Auswanderung in zwei weiteren Auswanderungswellen (vor allem 1846 und 1861) entschlossen, vor allem nach Nordamerika und Brasilien. (…)


Deutsches Reich
Nach dem (Deutsch-Französischen) Krieg 1870/1871 und der Begründung des Deutschen Reiches unter Preußens Führung begann die so genannte Gründerzeit. Ihr Erfolg wurde auf dem Hunsrück erst spät fühlbar, weshalb viele Arbeitsuchende und auch ganze Familien Arbeit im Ruhrgebiet suchten und dorthin abwanderten.


Quelle: Wikipedia

Die andere Heimat ist kein Geschichtsfilm, aber erzählt in gewohnter Reitz’scher Art die große Geschichte aus der Perspektive der kleinen Leute. Und gerade in diesem Film haben die politischen und ökonomischen Bedingungen ganz massiven Einfluss auf das Schicksal der Protagonisten, sei es in Form der Alphabetisierung, der Hungersnöte und Missernten, der ökonomischen Perspektivlosigkeit und politischen Repressalien durch die Preußischen Besatzer, alles Bedingungen, die den Wunsch, ganz woanders auf der Welt sein Glück zu versuchen, verständlich werden lassen, auch wenn dies einen endgültigen Abschied von Heimat und Familie bedingt.

Sehr aufschlussreich und damit empfehlenswert hinsichtlich dieser Thematik ist das Gespräch zwischen Edgar Reitz und Alexander Kluge, das Sie unter dem Titel „Alle Realitäten, die wir schaffen, fangen im Kopf an.“ am 4.9.2011 in der Phase der Entstehung von Die andere Heimat geführt haben: