Es gibt ja Künstler, die große Selbstdarsteller sind. Zu denen gehöre ich nicht.
Edgar Reitz in 800 mal einsam
Für mich ist immer das Werk an der ersten Stelle.
Autor, Regisseur, Filmwissenschaftler, Philosoph, Hochschullehrer, Filmproduzent, Förderer und Interessenvertreter … es gibt viele Attribute, die man Edgar Reitz (Jg. 1932) ohne jegliche Übertreibung zuschreiben kann. Bereits seit Mitte der 1950er Jahre widmet er sein Leben dem Film und der „Liebe zum Kino“. Sein Lebenswerk umfasst etwa 5800 min (knapp 100 Stunden) Film, 16 eigene Buchpublikationen und unzählige Mitautorenschaften. Über ihn sind vier Monographien veröffentlicht worden, er ist gefragter Interviewpartner in Presse, Radio und Fernsehen. Oftmals wird er dabei auf die HEIMAT-Trilogie oder, noch schlimmer, auf das Thema Heimat, reduziert, was Edgar Reitz bei weitem nicht gerecht wird. Denn er ist viel mehr: Ein herausragender Künstler, einer der letzten echten Autorenfilmer, ein engagierter Streiter für das Kino und die Filmkunst.
Und er ist ein interessanter Mensch mit einer interessanten Geschichte. Der Zeitpunkt, an dem er dazu überging, seine eigene Geschichte und die seiner Familie in seinen Filmen zu verarbeiten, markiert auch den Beginn seines großen Erfolgs beim Publikum. Aber auch das wird Reitz nicht vollständig gerecht, denn schon vor HEIMAT hat er mehr als beachtliche Filme gedreht, die inzwischen glücklicherweise mit dem Etikett „Frühwerk“ versehen dem breiten Publikum zugänglich sind.
Meine persönlichen Begegnungen mit Edgar Reitz waren immer am schönsten, wenn er einfach erzählen durfte. Sei es vor Publikum im Rahmen einer Kino-Veranstaltung oder Ehrung, oder auch im kleineren Kreis. Und Edgar Reitz hat viel zu erzählen! Dementsprechend ist mein Lieblingsbuch (neben seiner Autobiographie) auch Edgar Reitz erzählt von Thomas Koebner, das ich jedem, der sich eingehender mit Edgar Reitz beschäftigen möchte, wärmstens empfehle.
Wenn Sie sich Edgar Reitz lieber auf auditivem oder audio-visuellem Weg annähern möchten, empfehle ich die über Edgar Reitz und seine Arbeit gedrehten Dokumentarfilme sowie den über dreistündigen Podcast Close up. der Deutschen Filmakademie, in dem Christian Schwochow Edgar Reitz 2019 interviewt hat: